@EBC41. Solche Dinge finde ich wirklich faszinierend und interessant. Schade das ich sowas persönlich nicht kenne.
Da ich als kleines Kind auch schon recht neugierig war, was Elektrik betraf, kenne ich diverse alte Geschichten.
Zu meiner frühen Kinderzeit gab es noch andere Verhältnisse beim Thema Stromversorgung. Das mutet aus heutiger Sicht wie in der dritten Welt an.
Eines Tages, so etwa im Jahre 1967, auf dem Bauernhof meiner Eltern, machte der Motor des Butterfasses so seltsame Brummgeräusche. Lief zwar scheinbar mit normaler Drehzahl, aber das Geräusch war etwas anders als sonst, die Temperator ziemlich hoch und roch schon etwas nach überhitzter Wicklung. Motorschutzschalter wurde damals 1935, als der installiert wurde, keiner eingebaut. Nach dem Ausschalten und Wiedereinschalten entwickelte er auch kein Drehmoment.
Aber jeder Mensch, der mit solchen Maschinen zu tun hatte, wusste, dass dann meistens eine Phase des Kraftstroms ausgefallen war. Also kontrollierte man die vorgeschalteten Sicherungen. LS-Schalter gabs zu der Zeit keinen einzigen im ganzen Haus. Nachdem auch andere Motore dieses Verhalten zeigten, wurde auch die Hausanschlusssicherung, damals Panzersicherung genannt, überprüft. Zu der Zeit war das ein rostiger Stahlblechkasten am Dachgebälk mit drei 25A Diazed-Schraubsicherungen. Deckel und Plombe fehlten seit Jahrzehnten.
Da kam kein Mensch auf die Idee, in so einem Fall, den Elektroinstallateur zu rufen. Mit was auch. Telefon bekamen wir erst zwei Jahre später. Man hätte erst drei Kilometer fahren müssen, um den Eli zu erreichen. Also behalf man sich selber. Die drei gelben Kennplättchen waren noch drin, hätten aber auch festgesessen sein können, somit Sicherungen herausdrehen und mit einpoligem Phasenprüfer am Fußkontakt festgestellt, dass vom Versorger nichts kommt. Waren bei uns damals die Isar-Amper-Werke! Für nicht südbayerische Leser, explizit erklärt, die hießen nicht Isar-Ampere-Werke! Diese hat man dann auch nicht angerufen, hätte man ja erst zwei Kilometer zum nächsten Telefon fahren müssen. Und das war ja auch ganz anders geregelt, als man sich das heute so vorstellt. Man ist zu dem 1,5km entfernten Trafohäuschen gegangen und hat beim nahegelegenen Bauernhof an der Tür geklopft. Der alte Bauer von dort hatte den Schlüssel der Niederspannungsseite am Trafohaus und wechselte bei Bedarf auch die NH-Sicherungen. OK, er musste sie nicht ziehen, sondern die waren damals schon, drei nebeneinander auf einer Isolierstoffklappe eingehängt, die man mit einem Griff zuklappte, so dass alle drei Aussenleiter gleichzeitig kontaktierten. Heute stelle man sich das mal vor, der alte Mann mit 77 Jahren, völliger E-Laie. Wahrscheinlich hat ihm der Netzmeister kurz nach dem ersten Weltkrieg mal schnell gezeigt, wie man das macht. Der wechselt an der Trafostation die Sicherungen. Nebenbei bemerkt, einen elektrotechnischen Vorteil hatte er ja, falls er an die Spannung gekommen wäre. Im ersten Weltkrieg hatte er ein Bein verloren und mit einem Holzbein würde dann doch nicht ganz so viel Strom durch seinen Körper fließen....
Es stellte sich dann auch heraus, dass eine der NH Sicherungen ausgelöst hatte. Die wechselte er in der Klappe. Als er die Klappe zudrückte, hat es ordentlich gerumpelt und gefunkt, weil er auf einen satten Kurzschluss geschaltet hat und die versammelte Zuschauerschaft, denn inzwischen sind dann noch mehrere Leute von den insgesamt sieben (kraft-)stromlosen Gehöften an diesem Freileitungsabgang dazugekommen, um zu sehen, wo der Saft bleibt, ja, die hat es ordentlich erschreckt.
Ok, was tun. Der alte Mann hatte damit kein Problem und meinte, da wird wohl irgendetwas an der weit verzweigten Freileitung defekt sein. Am ehesten auf der Strecke, die durch den Wald führte. Also rief man immer noch nicht den Versorger, sondern machte sich selbst auf die Fehlersuche und tatsächlich, im Wald hingt ein abgebrochener Ast in der Freileitung. Den löste man mit langen Holzstangen, so dass die Leiterseile sich nicht mehr berührten und das wars. Worauf der Alte auch wieder ohne Rumpler einsichern konnte.
Ja, früher wurde das so gemacht auf dem Land. Mit unserem heutigen Sicherheitsdenken kann man das nicht vergleichen. Ich denke immer, es liegt an der Tatsache, dass die meisten Männer damals im Krieg viel gefährlichere Sachen erlebt haben und daher keine Angst vor dem bisschen Strom hatten.