Industrie-Installation 'state-of-the-art' - Teil 2: Automaten vs. Schmelzsicherung

Diskutiere Industrie-Installation 'state-of-the-art' - Teil 2: Automaten vs. Schmelzsicherung im Forum Installation von Leitungen und Betriebsmitteln im Bereich ELEKTRO-INSTALLATION & HAUSELEKTRIK - Hallo ! Bezugnehmend auf unsere Situationsbeschreibung in Teil 1 gab es einen längeren Disput mit einem erfahrenen Elektromeister. Trotz dessen...
Große neue Logistikhalle, es sollen DECT und WLAN her. Was macht der "Planer" ? WLAN direkt neben DECT, dafür aber, völlig ungefragt, zwei Feuchtraumsteckdosen an separatem Stromkreis. Das alles mal 20 Positionen.

Solche Logistikhallen werden gerne mal von GÜ gebaut, da gibt es für die Planung nur spärliche Vorgaben. Ob das schlussendlich eingesetze WLAN/DECT Systeme bei der Konfiguration Probleme mit Interferenzen macht oder nicht, ist ganz massiv von Hersteller und seinen System abhängig (in einer Fritzbox sitzen WLAN und DECT auch unmittelbar in einem Gehäuse zusammen...). Auch ist man ohne Steckdose an dem Punkt sofort eingeschraenkt, ein "nicht PoE-fähiger" WLAN AP oder eine Kameranachrüstung an solch einer Stelle sind dann nur aufwendig zu loesen.

Der Elektriker kam zu uns und fragte, was das denn für ein Blödsinn sei. Wir wutentbrannt zum Planer und haben ihm die sicherlich ganz neuen Konzepte "PoE" und das Phänomen "Interferenz" erklärt.

Da wäre ich auch ganz vorsichtig...PoE im Schulbereich um eine Handvoll WLAN-AP zu unterstützen, prima. Bei WLAN/PoE oder DECT im Industrieumfeld würde ich ganz penibel auf die geplante Nutzung achten. Vom Handy des Produktionsleiters über Handscanner im Warenregal bis zur Personensuchanlage ist da alles möglich, und jedes hat seine eigenen Anforderungen.

Das könnte eines der ekligsten Probleme lösen: Manche alte Maschinen können gar nicht so ohne weiteres an einem empfindlichen FI betrieben werden. Da habe ich spontan eine Vision von einem Spelsberg-Kleinverteiler mit Zugentlastung, welche Platz für den eventuell späteren Einbau eines FI bietet ...

Dann werde mal richtig visionär und stelle dir eine Stromschiene vor, an der man an verschiedenen Stellen Abgangskästen mit gewünschter Absicherung für den jeweiligen Verbraucher setzt...Damit ist "Laienbedienbar" weg und "Flexibilitaet" da.
 
Moooooment. FI Typ B ist klar. Allerdings wollte ich pro UV nur zwei dreipolige FI vorsehen (63A / 30mA) und an jedem vier bis sechs Maschinen betreiben. Alle einphasigen Abgänge mit FI/LS.
Daß jede Steckdose FI-gesichert sein muß, ist ja bis zu mir durchgedrungen. Aber jetzt auch noch ein EXKLUSIVER FI, obwohl wir Typ "B" wählen ? DANN kann ich mir die Hensel-Kisten definitiv von der Backe putzen.
Aus der 0100-0410 geht das nicht hervor. Wer hat denn die Norm wieder verbrochen ?
Natürlich kannst du auch Sammel-FI's verwenden, spricht normenmässig nix dagegen. In meinem Beispiel bin ich von 5poligen CEE-Steckdosen ausgegangen, und hab bewusst aus andern Gründen keine 230V Steckdosen mit einbezogen. Bei Sammel-FI's ist aber halt immer zu beachten, und ich bin immer noch bei 3phasigen Anschlüssen, das man die Anleitströme nicht ausser acht lassen darf.
Geht man mal von 3mA Ableitstrom pro Maschine aus, sehr sehr optimistisch im Bezug auf industrielle Bestandsanlagen, ist bei 4 Maschinen 12mA Ableitstrom und bei 6 Maschinen schon 18mA Ableitstrom vorhanden. Die 18mA ist eigendlich bei einem 30mA FI schon äussers grenzwertig.
Was Wechselstromkreise betrifft, streiten sich die Geister ob ein Typ B überhaupt nötig sein kann. Ich gehöre der Fraktion an die sagt das einphasige Umrichter keinen glatten Fehlerstrom wie dreiphasige Umrichter erzeugen können, aufgrund der Art der Gleichrichtungsschaltung. Somit heisst es für mich kein Typ B wenn Umrichter eingesetzt werden. Somit wäre man bei den von dir favorisierten LS/FI um beispielsweise die Thematik mit Ableitströmen ganz aus dem Weg zu gehen.
Weit verbreitet sind zb. Harting Steckverbindungen, fast unerschöpfliche Möglichkeiten was Kontaktzahl, Spannung, Strom, Codierung etc. betrifft, Industrie-tauglich, weit verbreitet und somit kostengünstig.

Aber wie schon mehrfach auch von anderen Forenkollegen geschrieben, es gibt unzählige Möglichkeiten wie man es umsetzen kann. Das Beispiel von @karo28 mit den Stromschienen findest du zb. in der Automotive fast überall.
 
Der Meister möchte für unsere Exzenterpressen Schmelzsicherungen einstzen. Denn: Die fliegen sicht so oft 'raus. Ich persönlich würde die meiden wie der Teufel das Weihwasser:
- gerade die Neozed-Einsätze werden knallheiß
- Ersatzsicherungen sind nie da, wenn man sie braucht
- Paßstücke: Irgendein Arschloch schraubt die immer heraus.
- sie brauchen viel Platz im Schrank
Na zumindest das letzte ist Blödsinn. Wenn ich ein Schienensystem im Schrank habe, kann ich Reitersicherungen verwenden. Da brauchst du weniger Platz wie mit LS und kannst auch kombinieren mit Diazed oder NH, ja nach dem Strom der Maschine. Auch im Nachhinein einfach zu ändern.
Außerdem hast du Selektivität zu den Sicherungen in der Maschine. Und zumindest bei uns in der Firma steht Maschine a dieses Jahr in Halle eins und im nächsten in Halle 5 und Maschine b steht dort, wo vorher Maschine a stand. Ich müsste also dauernd die LS im Schrank wechseln je nach Leistung. All das erspare ich mir mit Schraub oder NH Abgängen
 
Sammel FI setzen nur Leute ein die nicht bedenken, das bei einem Fehler dann auch mehrere Stromkreise betroffen sind ! Geiz ist Geil! geht aber in Industrieanlagen meist nach Hinten los ! Da haben sich sehr schnell durch die Verfügbarkeit der Anlage FI/LS bezahlt gemacht .
 
Ein Planungsbüro kostet meist nur Geld und Nerven, bis auf wenige Ausnahmen mußte ich denen bis jetzt immer erklären wie das mit dem Strom funktioniert.
Üblicherweise können diese nur Standard, bei so individuellen Dingen fallen die auf die Nase.
Gerade wenn man wie hier nur ein einzelnes Gewerk hat, ist es besser man such sich eine entsprechende ausführende Firma und plant das mit der.
Spart Kosten und klappt wesentlich besser.
Das kann natürlich nicht der Elektro Maier um die Ecke, da braucht man schon Firmen die sich mit so was auskennen, insbesondere mit Industrie installationen.
 
Sammel FI setzen nur Leute ein die nicht bedenken, das bei einem Fehler dann auch mehrere Stromkreise betroffen sind ! Geiz ist Geil! geht aber in Industrieanlagen meist nach Hinten los ! Da haben sich sehr schnell durch die Verfügbarkeit der Anlage FI/LS bezahlt gemacht .
Ganz sicher ein Punkt. Eine neue Exzenterpresse kostet 75000 bis 100000 Euro, da ist doch "eigentlich" auf 400,-- FI geschissen.
Die Sache ist aber "politisch". Die Geschäftsführerin ist alles andere als blöd und auch empfänglich für technische Argumente. Aber eine unlängst erfolgte Gebäudesanierung kostete "überraschenderweise" statt 100.000,-- das 2,5 fache, nach Entdeckung diverser verborgener Schäden. "Ganz nebenbei" hat sie auch noch die Heizungsanlage austauschen müssen. Die Auftragslage ist beschissen. Jetzt komme ich her und überrede sie, ihre Elektrik komplett zu erneuern. Ach ja, Druckluftleitungen kommen auch neu im Zuge der E-Arbeiten. Die Frau hat die Schnauze gestrichen voll von "Überraschungen". Ich weiß gar nicht, wie ich die Präsentation des Kostenfeuerwerks überlebt habe.
Wenn ich es weiter vorantreibe, dann holt sie noch einen preiswerten Elektriker aus Polen. Ohne Mist, am dortigen Standort ist eine ganz neue Siedlung entstanden - da war kein ortsansässiger Handwerker beteiligt. Die alte Handwerkerweisheit "Nach fest kommt lose" gilt auch hier:
Wenn ich es zu sehr übertreibe, dann läßt sie sich selber etwas einfallen. Ich weiß ziemlich genau, wie weit ich zu weit gehen kann.
Außerdem ist das eine Vertrauenssache. Die Chefin verläßt sich darauf, daß wir das grob geschätzte Budget auch 'mal einhalten.

Da bin ich sehr, sehr dankbar für den Hinweis von "PeterVDK":
Die Pressen, bei denen überhaupt keine Gefahr besteht, daß man mit elektrischen Leitern in Berührung kommt, werden fest angeschlossen und brauchen dann keinen FI. Die Pressen, welche externe Kabel haben, bspw. zur Werkzeugsicherung, bekommen einen FI. Und das wird dann auch ein dedizierter sein.
 
Ganz sicher ein Punkt. Eine neue Exzenterpresse kostet 75000 bis 100000 Euro, da ist doch "eigentlich" auf 400,-- FI geschissen.
Du vergisst dabei aber die Nachfolgekosten.
1. musst du den 2x im Jahr Testen mit Testtaste. Das geht logischerweise nicht während der Produktion
2. mögen Maschinen Stromausfall gar nicht. Maschinen mit geregelten Antrieben können nicht definiert stoppen. Ein auslösender FI ist also auch Sicherheitsrelevant im negativen Sinn.
Es macht also wenig Sinn einen FI vor eine größere Maschine zu setzen. Mal ganz abgesehen, Bei uns stehen sicher 100 Maschinen aus Fernost und USA, die haben als erstes einen Trafo um die Spannung von 400 auf 200V herunter zu setzen. Da nützt dann der FI eh nichts.
 
Besser wäre es hier wirklich zu Festanschlüssen für die Maschinen über zu gehen, den FI weg zu lassen und lieber über RCM Fehlerströme kontinuierlich zu messen.
Hierdurch lassen sich Probleme frühzeitig erkennen und ungeplante Ausfälle vermeiden.
Mit entsprechenden Geräten und Wandlern kann man so auch mehrere Abgänge gleichzeitig überwachen.
z.B. UMG20CM mit entsprechenden Wandlern kann dann bis zu 20 Abgänge erfassen.
wenn man es nicht so genau braucht, kann man auch eine größere Gruppe erfassen mit dem UMG96RM-E geht auch die Erfassung mit B+ Wandlern also DC, gleichzeitig auch Energiemessung und ein wenig Oberwellenkontrolle.
 
Du vergisst dabei aber die Nachfolgekosten.
1. musst du den 2x im Jahr Testen mit Testtaste. Das geht logischerweise nicht während der Produktion
2. mögen Maschinen Stromausfall gar nicht. Maschinen mit geregelten Antrieben können nicht definiert stoppen. Ein auslösender FI ist also auch Sicherheitsrelevant im negativen Sinn.
Es macht also wenig Sinn einen FI vor eine größere Maschine zu setzen. Mal ganz abgesehen, Bei uns stehen sicher 100 Maschinen aus Fernost und USA, die haben als erstes einen Trafo um die Spannung von 400 auf 200V herunter zu setzen. Da nützt dann der FI eh nichts.
Punkt 1 habe ich natürlich vergessen, Punkt 2 vergißt man nie, wenn man an einer NC-Maschine steht und mühsam die Referenzpunkte neu einstellen darf - insbesondere dann, wenn man die vorgesehenen Referenzmarken schon weggefräst hat. Bei dem "manuellen" Gefummel mit Kantentaster kann man sich da schön verletzen.

Es ist leider so, daß "Sicherheit" oft zu "Unsicherheit" wird.

Bestes Beispiel sind die mittlerweile obligatorischen Vollschutzhauben für Trennschleifer. Die muß man dann immer aufziehen und wenn man nicht aufpaßt, massakriert man sich den Finger. Die erfahrenen Werker nehmen deshalb verbotenerweise die alten Maschinen, "die sind sicherer".
Ein schönes Beispiel ist auch "ABS" beim Auto. Nach kurzer Zeit haben die Versicherungen den "ABS-Rabatt" wieder gestrichen -- weil man sich auf die Sicherheitsmechanismen verläßt und unwillkürlich über seine Verhältnisse fährt.

In einer Zeche habe ich mal ein Schild an der Wand gesehen, welches man erst bemerkte, wenn man um eine Ecke bog:
"Hier kommt der Mann, der für Deine Sicherheit verantwortlich ist".
Drunter hing ein Spiegel.

Sollte an jedem Betriebseingang hängen. Kann man vllt. sogar "gendern".
 
Ist nicht nur das wieder starten der Maschine.
Wenn dir z.B. bei einem Werkstück wegen Stromausfall der Gewindebohrer abbricht, dann ist der Gewindebohrer billig, das Teil, in welchem schon einige stunden Arbeit stecken aber nicht.
Umgekehrt ist aber evtl auch ein Sonderwerkzeug für 2000€ oder ein Winkelbohrkopf für 15000€ im Eimer, wenn Achsen unkontrolliert austrudeln. Von verbogenen Vorrichtungen oder Robotern ganz zu schweigen.
Ist also nicht ganz ohne einer Werkzeugmaschine einfach den Strom abzudrehen.
Drückst du den Nottaster, dann stoppen die Achsen kontrolliert und schalten erst verzögert ab. Das geht in der Regel ohne Schaden. Bei ordentlichen Maschinen reicht dann Steuerung einschalten, Grundstellung fahren und dann schraubt sich sogar der Gewindebohrer wieder rückwärts aus dem Loch ohne abzubrechen.
 
Solche Logistikhallen werden gerne mal von GÜ gebaut, da gibt es für die Planung nur spärliche Vorgaben. Ob das schlussendlich eingesetze WLAN/DECT Systeme bei der Konfiguration Probleme mit Interferenzen macht oder nicht, ist ganz massiv von Hersteller und seinen System abhängig (in einer Fritzbox sitzen WLAN und DECT auch unmittelbar in einem Gehäuse zusammen...). Auch ist man ohne Steckdose an dem Punkt sofort eingeschraenkt, ein "nicht PoE-fähiger" WLAN AP oder eine Kameranachrüstung an solch einer Stelle sind dann nur aufwendig zu loesen.
Im speziellen Falle ist es ein Spectralink Multicell-DECT. Da schreibt der Hersteller vor: "Mindestens 2 m Abstand von WLAN-Sendern".
Da halte ich die Spec allein schon deshalb ein, daß mir bei Reklamationen nicht gesagt werden kann, "das habt ihr falsch geplant".

Da wäre ich auch ganz vorsichtig...PoE im Schulbereich um eine Handvoll WLAN-AP zu unterstützen, prima. Bei WLAN/PoE oder DECT im Industrieumfeld würde ich ganz penibel auf die geplante Nutzung achten. Vom Handy des Produktionsleiters über Handscanner im Warenregal bis zur Personensuchanlage ist da alles möglich, und jedes hat seine eigenen Anforderungen.

Jetzt bin ich 'mal richtig froh, etwas aus meinem eigentlichen Fachgebiet dazutun zu können:
Mittlerweile, mit 802.3 af oder sogar -at, funktioniert PoE mit ordentlichen Switchen (Injektoren würde ich meiden) problemlos.
Die WLAN-Basen sind dann natürlich etwas teurer, speziell die industriellen Geräte bspw. von Cisco oder LANCOM.
Mit PoE hat man die Möglichkeit, ein Gerät, welches sich aufgehängt hat, auch schon 'mal schnell zur Raison zu bringen.
Wenn ein Gerät nicht kompatibel ist, bspw. Ubiquiti: Es gibt PoE-Splitter, die trennen die Signale auf, dann hast Du typischerweise per Wählschalter 5 / 9 / 12 / 24 V DC und Ethernet getrennt. Gibt es entweder einfach, dann werden die Paare 4/5 und 7/8 ausschließlich zur Speisung verwendet, oder aber in Gigabit-Ausführung, wobei dann das Prinzip der Phantomspeisung verwendet wird. Aktuelle Switche unterstützen beides. Leistung bis 17 W oder bei -at fast 50 W. Man kann also auch eine Kamera mit Heizelement versorgen.

Die Switche bauen auch nicht mehr so tief und sind auch nicht mehr prohibitiv teuer. Keine alten Gebrauchtdinger einsetzen, die alten Dinger haben einen unglaublichen Stromverbrauch und die Elkos sind irgendwann einmal durch.


Dann werde mal richtig visionär und stelle dir eine Stromschiene vor, an der man an verschiedenen Stellen Abgangskästen mit gewünschter Absicherung für den jeweiligen Verbraucher setzt...Damit ist "Laienbedienbar" weg und "Flexibilitaet" da.
Habe ich sogar schon einmal gesehen. Aber ich weiß mittlerweile, was schon ein Trassensystem kostet...
 
Habe ich sogar schon einmal gesehen. Aber ich weiß mittlerweile, was schon ein Trassensystem kostet...
Haben wir in einer Halle von 1962 und funktioniert immer noch. Leider nur 400A Schienensystem.
Ist die optimale Lösung, sofern du keinen Hallenkran hast.
 
zumindest wenn man anständige Hersteller verbaut.
 
Siemens, Schneider Electric,...
Die Siemens Schienen, zumindest die LD, kommen ursprünglich von Klöckner-Möller die Sparte wurde an Siemens verkauft.
 
Ich kenne da nicht viele genau genommen einen, der heute sowas anbietet.

Dann hast du wahrscheinlich noch nie ein Schneider Canalis oder Siemens BD01 gesehen...Diese Systeme gibt es auch für kleine Stromstaerken (63/100/160A) und mit Kommunikationsleitungen.
 
Thema: Industrie-Installation 'state-of-the-art' - Teil 2: Automaten vs. Schmelzsicherung
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