Kurzschlussausschaltvermögen bei Leistungsschaltern

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Melle

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Hallo zusammen,

ich habe mal eine Frage zu (Kompakt)leistungsschaltern und deren Ausschaltvermögen.

Grundsätzlich gibt es da ja das Bemessungsbetriebskurzschlussausschaltvermögen (Ics) und das Bemessungsgrenzkurzschlussausschalvermögen (Icu).

Ich habe da mal ein wenig gegooglet und einen Artikel von Siemenms gefunden wo sinngemäß beschrieben steht:

Wird der Schalter mit Ics beaufschlagt, so muss er folgendes Prozedere aushalten, ohne danach in seiner Kennlinie verändert zu sein (Ist vom Auslöseverhalten her nicht beschädigt).

1. Kurzschlussauslösung aus der EIN-Stellung
2. 3 Min. Pause
3. Aufschalten auf den Kurzschluss
4. 3 Min Pause
5. Nochmaliges Aufschalten auf diesen Kurzschluss

Wird der Schalter hingegen mit Icu beaufschlagt, so darf er nach folgendem Prozedere in seiner Kennlinie verändert sein und muss nicht mehr den vollen Nennstrom aushalten können (ist dauerhaft beschädigt).

1. Kurzschlussauslösung aus der EIN-Stellung
2. 3 Min Pause
3. Aufschalten auf dein gleichen Kurzschluss.

Hier nochmal der Link: SIOS

Das besagt ja eigentlich, dass Icu wesentlich heftiger für den Schalter ist.


Nun kommt aber das kuriose.
Bei vielen Kompaktleistungsschaltern ist bei einer festgelegen Spannung Ics = Icu, z.B. 50kA.

Könnt ihr mir erklären warum das so ist?

Normal sollte Icu ja größer sein als Ics. Denn wenn jetzt 50kA geflossen sind weiß man ja gernicht, welches Szenario eingetreten ist (beschädigt oder nicht).

MfG
Melle
 
Ist auf den LSS in solchen rechteckigen Rahmen angegeben. Normalerweise für den Haushaltsgebrauch übliche haben 6kA oder 10kA
 
Das stimmt, aber um Leitungsschutzschalter geht es mir in diesem Fall garnicht. Eher um Leistungsschalter.
Diese können erheblich höhrere Kurzschlusströme schalten und haben ein wesentlich kräftigeres und schnelleres Kontaktsystem.
Hier ein Beispiel: LV426402 - Leistungsschalter NSXm 32 A TM32D 3P 50kA/415V EverLink | Schneider Electric Deutschland

Primär frage ich mich, warum bei Leistungsschaltern das Bemessungsbetriebskurzschlussausschaltvermögen (Ics) und das Bemessungsgrenzkurzschlussausschaltvermögen (Icu) oft gleich sind. denn eigentlich ist das nicht plausibel.
.
 
Könnt ihr mir erklären warum das so ist?
Das liegt wahrscheinlich in der Tatsache das die Geräte nur bis zu den angegeben Strömen geprüft und zertifiziert werden.
Ich sag mal wenn der Ics bei 50kA geprüft wird, kann der Icu auch bei 100kA liegen, nur wird dieser nicht geprüft.
In deinem beschriebenen Beispiel kann der Schalter halt bei Icu 50kA gleich behandelt werden wie beim Ics, sprich die mehrmalige Aufschaltung auf den Kurzschluss.
 
Das stimmt, aber um Leitungsschutzschalter geht es mir in diesem Fall garnicht. Eher um Leistungsschalter.
Diese können erheblich höhrere Kurzschlusströme schalten und haben ein wesentlich kräftigeres und schnelleres Kontaktsystem.
Hier ein Beispiel: LV426402 - Leistungsschalter NSXm 32 A TM32D 3P 50kA/415V EverLink | Schneider Electric Deutschland

Primär frage ich mich, warum bei Leistungsschaltern das Bemessungsbetriebskurzschlussausschaltvermögen (Ics) und das Bemessungsgrenzkurzschlussausschaltvermögen (Icu) oft gleich sind. denn eigentlich ist das nicht plausibel.
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Also geht es um reine Schalter? Im Kurzschlußfall muss die vorgeordnete Sicherung das Abschaltvermögen haben oder nicht
 
Der Ics wurde früher mit einem Faktor von 25, 50 oder 75% vom Icu berechnet. Mittlerweile sind 100% zum Standard geworden. Ob das Sin macht kann ich jetzt nicht beantworten. Je nach Quelle gibt es verschiedene Aussagen woher die 100% kommen. Manchmal hört man, das es beim Icu für nicht nächste Klasse nicht gereicht hat hat (halte ich z. B. bei 65kA für realistisch, die nächst Klasse wären 100kA). Ich habe auch schon gehört das der Icu sehr zurückhaltend angebenden wird oder das die Geräte so gebaut sind, dass sie bei einem Grenzkurzschluss komplett ausfallen. Inoffiziell heißt es auch, die Schaltvermögen wurden durch den Konkurrenzkampf hochgetrieben. Wenn Hersteller A seinen Wert sehr optimistisch angeben hat, musste Hersteller B, der eher zurückhaltende Werte angibt, mitziehen. SE war so ein Treiber.
 
Erstmal danke für die Antworten.

Klingt auf jeden Fall ganz plausibel, dass die Hersteller bei Icu nicht zu dick auftragen wollen. Nicht, dass sie es dann nicht einhalten können.
Aber zum Konkurrenzkampf:
Die Hersteller dürfen ja nicht irgendwelche optimistischen Werte angeben, die den Schalter dann im Ernstfall explodieren lassen. Wenn da 50 oder 70kA draufsteht, muss der das auch abschalten können, ohne dass umliegende Bauteile oder Menschen gefährdet werden, denke ich.

Aber ich weiß nicht, ob ich einem Kompaktleistungsschalter, der >50kA geschaltet hat, noch vertrauen würde, da sind die Kontakte wahrscheinlich ganz schön mitgenommen danach. Schneider schreibt auch im Handbuch des NSXm, dass man den nach einer Kurzschlussauslösung mindestens 5x ohne Last durchschalten soll. Aber oft werden die ja so ausgewählt, dass der tatsächliche Kurzschlussstrom des Trafos kleiner ist als Ics und Icu des Leistungsschalters. Aber theoretisch wären NH-Sicherungen da besser, weil die immer fabrikneu sind nach dem Austausch aufgrund einer Auslösung.
 
Einem Leistungsschalter, der 50kA geschalten hat würde ich auch nicht trauen. Jedoch halte ich so einen Kurzschlussstrom für relativ selten. In dieser Größe ist man, wenn man direkt neben einem großen Trafo ist und mit entsprechenden Querschnitt angeschlossen ist. Und selbst da müsste der Kurzschluss gleich nach dem Hauptschalter kommen.

Zudem ist die Berücksichtigung des Icc in Industrieanlagen vorgeschrieben. Nur wissen das noch nicht alle Maschinenbauer oder sie wollen es nicht wissen. Meistens ist man beim Icc im unteren fünfstelligen Bereich, manchmal sogar nur vierstelligen. 50kA und mehr hat man bei Großanlagen oder bei großen Firmen mit eigenem Großtransformatoren. Bei größeren Anlagen sind auch 100 kA im Verhältnis nicht mehr ganz so mächtig wenn man ein 1,3kA Hauptschalter hat. Aber je größer der Leistungsschalter, umso schwieriger wird es mit dem Icc da der I2C mitspielt. Im Bereich von 5A Nennstrom schafft fast jeder Leistungsschalter 50kA, bei 100A schaut es schon ganz anders aus.

Auch finde ich, daß es zwischen den Herstellern Unterschiede gibt. SE hat mich schon öfters mal enttäuscht was den Bereich der Schaltgeräte angeht.
 
Inwiefern meinst du Unterschiede?
Ich finde die Geräte von Schneider äußerlich eigentlich gar nicht schlecht. Zum Beispiel die Ausgelöst-Anzeige bei den iC60N LSS ohne Mittelstellung oder bei den Leistungsschaltern die Klemmen, die ein wenig federn sollen, um dauerhaften guten Kontakt sicherzustellen. Aber da hat wahrscheinlich jeder seine persönliche Meinung. Habe auch gerade erst meine Ausbiuldung angefangen und natürlich noch nicht so viel Erfahrung, aber trotzdem großes Interesse an solchen Dingen.
 
Mit Unterschieden meine ich die Qualität. So habe ich bisher mit Siemens und Abb kaum Probleme gehabt. Bei SE gibt es öfters ein "eine Phase schaltet nicht durch" oder wir hatten schon Schütze mit Problemen. Einmal sind uns sogar die Kontakte der redundanten Abschaltung nach Performancelevel verschweißt, obwohl die Schütze auf 200% ausgelegt waren. Manchmal haben auch Leistungsschalter zu früh ausgelöst. Das war echt super, da das Problem recht spät auftrat und man dafür einen Servicemitarbeiter in den Flieger setzen musste. Auch treibt einen das SE Sortiment in den Wahnsinn wenn man Anlagen aus verschiedenen Ländern hat da nichts untereinander passt und einem auch nur der Support des jeweiligen Landes helfen kann. Unterm Strich verbauen wir nur noch SE wenn es der Kunde fordert und entsprechend zahlt.
 
Bei der Auswahl von Betriebsmitteln ist auch deren Schaltvermögen zu berücksichtigen und ob die Quelle da überhaupt den Kurzschlussstrom liefern kann ist vorher zu prüfen ! Notfalls ist da eben diesem Leistungsschalter eine NH vorzuschalten . Diese begrenzt dann den möglichen Kurzschlussstrom .
 
Notfalls ist da eben diesem Leistungsschalter eine NH vorzuschalten . Diese begrenzt dann den möglichen Kurzschlussstrom .
Das ist nach meiner Meinung alles relativ ...also z.B baugrößenabhängig , einem Siemens KOMPAKTLEISTUNGSSCHALTER 3VL...mit 1600 A Nennstrom und einem Ausschaltvermögen von 100 ka schaltet man nicht mal eben ein NH Sicherung vor......muss man auch nicht
 
Auch der Trafo kann nur einen bestimmten Kurzschlussstrom liefern. Und dessen Wert muss unter dem Wert des Leistungssschalters bleiben .
 
Es geht um die Kurzschlussstromberechnung des gesamten Netzes/Netzabschnitts, der auf den Kurzschluss speist. Einschl. Asynchronmaschinen etc. gem. VDE 0102.
Nicht nur das, was ein/"der" Trafo beiträgt. Sonst wäre es ja trivial.
Dann berechnet man zweckmäßigerweise sowohl den 3poligen, als auch den 1poligen Kurzschlussstrom.
 
Thema: Kurzschlussausschaltvermögen bei Leistungsschaltern
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