Um Elektriker zu werden benötigt man einen deutlich weiteren Blick, weshalb die Lehre auch 3,5 Jahre dauert und nicht 2,5.
Zum einen gab es nie DEN Elektriker, war nie ein Beruf den man lernen konnte (also ich rede vom Nachkriegsdeutschland), bist heute nicht. Es ist ein Gattungsbegriff, oder mit viel Wohlwollen ein Oberbegriff.
Der Rahmenlehrplan war und ist, und insbesondere bei Elektroinstallateuer respektive Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik, mit schulischen Stoff von 4+ Ausbildungsjahren ausgefüllt. Die 3,5 Jahre war immer nur eine "Vorspielung falscher Tatsachen", da in dieser Zeit die eigendlich zu vermittelnde Basis nie vermittelt wurde, heute mehr als damals. Man braucht auch keinen weiten Blick und muss alles was mit Elektrotechnik zu tun hat wissen. Man muss das Wissen was zur Ausführung des Berufes erforderlich ist, gerne auch mit Ausblick auf andere Bereiche. Ich finde da den Ansatz von
@Loewe2101 sehr passend. Ist beim Arzt ja auch nicht anders, erstmal allgemeines Medizinstudium und dann entsprechend qualifizieren.
Nehm einfach mal das alte Berufsbild Verkauf, es gab den Verkäufer (2Jahre Ausbildung) und den Einzelhandelskaufmann (3 Jahre). Beide Verkaufen, nur inhaltlich unterscheiden sich die Berufe sehr weitläufig. Für viele "langte" der Beruf Verkäufer völlig aus, man konnte sich ja entsprechend weiterbilden wenn man andere Ufer betreten wollte.
Ein damaliger Elektroinstallateur und ein damaliger Elektromonteur hatten ebenfalls weit gestreute Berufsbilder. Warum sollte aber beide thematisch das gleiche im Rahmenlehrplan haben, logisch abgesehen von den Grundlagen.
Mein Lehrbetrieb hat zu dem was der Ausbildungsplan fordert noch wesentlich mehr gemacht.
Wieviele Tage sind denn heute Auszubildende durchschnittlich im Betrieb, nochmals wir reden vom Handwerk. Neben zig Schulungen/Lehrgängen, der Berufschule, Urlaub und Krankheit sollen diese dann nämlich auch noch das Handwerk erlernen. Es ist ein riesengroßer Unterschied ob ich im Handwerk meine Ausbildung mache, oder im indutriellen Umfeld.
Hatte du nicht mal geschrieben das du eine Ausblildung als Elektroniker Betriebstechnik (bzw. das alte Berufsbild davon) gerlernt hast? Hab das so noch in Erinnerung. Selbst da macht es zumal auch noch einen riesen Unterschied in welchen Betrieb man lernt, wobei das auch begrenzt für das Handwerk gilt.
Meine erste Ausblidung durfte ich auch bei einem recht großen Arbeitgeber bestreiten (völlig andere Branche), da war es normal das die Berichtshefte immer Freitags ab 10 Uhr bis Feierabend (um 14.45 Uhr) im Betrieb geschrieben wurden, zusammen mit den ausbildenden Meistern. Diese haben dann auch mal am praktischen Geräte erklärt warum was wie so ist. Sowas gab und gibt es im Handwerk sehr sehr sehr selten, in kleinen Betrieben sowieso nicht. Da konntest du froh sein wenn dir mal jemand 1 Woche vor dem Schalt- und Regel-Lehrgang erklärt hat was ne Schützschaltung ist.
Nicht immer Äpfel mit Birnen vergleichen. Gebraucht werden Handwerker, keine Elektroprofessoren. Wenn ich handwerklich gutes Brot haben will, geh ich auch nicht in die Backfabrik.
Erstens haben das außer mir auch noch viele andere geschafft und zweitens war das durchaus sinnvoll.
Ich habs, man mag es kaum glauben, auch beim ersten Mal geschafft. Sogar mit 2/2, und was glaubst du was in meinem nachfolgenden Elektroinstallateuerleben dies für eine Bedeutung eingenommen hat? Richtig, keine! Gesellenbrief war das einzige was zählt, ob mit 1/1 oder 4/4, völlig egal. Wichtig war das was du auf der Baustelle gezeigt hast, was deine Handwerks-Skills waren, nicht ob du SPS programmieren oder MSR-Anlagen in der Größenordnung eines Einfamilienhauses planen konntest.
Und nein, es ist nicht sinnvoll ein Ausbildungsniveau so hoch zu hängen, für ein Berufsfeld was dies überhaupt nicht benötigt, um sich dann darüber zu beschweren das man keine passende Bewerber findet. Wenn man der Meinung ist das ein klassischer Handwerkselektroinstallateur das Ausbildungsniveau eines Bachlor Elektrotechnik benötigt (oder umgekehrt) , mag das legitim sein, nur dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn der passende Bewerber eben gerade nicht die Hungerstrecke des Handwerks durchmacht.
Ich will aber keine Zwietracht säen, ich bin alt genug um jedem seine Meinung zu lassen. Ebenso sollte man aber auch meine Meinung akzeptieren, denn wer am Ende "Recht" hat, wird sich in der Zukunft entsprechend zeigen