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Martin
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Hallo!
Um mal mit der urbanen Legende des Bestandsschutzes alter Installationen aufzuräumen poste ich hier einen Artikel, der vor wenigen Jahren (ca. 2003) mal in einer Hausbesitzerzeitung abgedruckt war.
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Haftung des Vermieters bei alter Elektrik
Immer wieder ergeben sich Fragen im Bereich der Haftung bei Mietwohnungen mit alter Elektrik. Für die technischen Anforderungen ist der VDE (Verein Deutscher Elektriker) verantwortlich, der die technischen Normen und Anforderungen festlegt.
Seit 1997 ist eine regelmäßige Überprüfung der elektrischen Anlagen gesetzlich gefordert. Bei privat genutzten Räumen ist dies alle vier Jahre, bei gewerblich genutzten Räumen, die der BGV A2 unterliegen, alle zwei Jahre. Den technischen Inhalt und Umfang der Prüfungen legt VDE 0100 Teil 610 fest.
Gerade bei Altbauten bestehen häufig bedenkliche Mängel der elektrischen Anlage, so fehlt z. B. der mindestens für das Bad vorgeschriebene Fehlerstromschutzschalter (RCD, früher FI-Schutzschalter genannt). Außerdem findet man in Altbauten hin und wieder noch die sogenannte "klassische Nullung". Hierbei gibt es keinen separaten Schutzleiter, in der Steckdose sind Schutzleiter und Neutralleiter gebrückt. Lampenauslässe haben oftmals überhaupt keinen Schutzleiter, auch bei Herdanschlüssen fehlt er gelegentlich. Aus verschiedenen Gründen ist diese Art der Installation seit 1.5.1973 verboten. Ebenso ist seit dem 1.5.1984 ein RCD mit einem Auslösestrom von maximal 30 mA für Räume mit Dusche oder Badewanne zwingend vorgeschrieben.
Da seit dem 1.5.1973 nunmehr 30 Jahre vergangen sind, fallen diese Anlagen auch nicht mehr unter den Bestandsschutz, d. h., daß Anlagen mit klassischer Nullung spätestens bei Mieterwechsel zwingend erneuert werden müssen. Wohnungen mit alter Elektrik, die noch eine klassische Nullung haben, dürfen in diesem Zustand nicht mehr neu vermietet werden.
Während das Nachrüsten eines RCD noch mit verhältnismäßig wenig Aufwand zu bewerkstelligen ist, kann die Generalsanierung der Elektrik deutlich aufwendiger werden, insbesondere dann, wenn die alten Leitungen fest unter Putz verlegt wurden und nicht in Leitungsrohren. Für das Nachrüsten eines RCD ist das Vorhandensein eines separaten Schutzleiters zwingende Voraussetzung, d. h., Anlagen mit klassischer Nullung müssen erst mit einem Schutzleiter versehen werden.
Aber auch bei Wohnungen mit Bestandsmietern ist der Vermieter in der Haftungspflicht. Unwissenheit schützt vor Haftung nicht. Ein Vermieter haftet auch dann für entstandene Schäden, wenn er sich auf Unkenntnis der technischen Vorschriften oder den Zustand der elektrischen Anlage beruft. So will es das Gesetz. Prüfung, Haftung und Beweislast des Vermieters bei Stromschäden wurden schon in verschiedenen Gerichtsurteilen bestätigt.
So kann bei einem Stromunfall auch die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Vermieter wegen fahrlässiger Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung einleiten. Kann der Vermieter nicht die gesetzlich vorgeschriebene regelmäßige Überprüfung der elektrischen Anlage nachweisen, so kommt es im Regelfall zu einer Verurteilung.
Auch ein Sachversicherer kann bei alten Anlagen oder bei fehlendem Nachweis der regelmäßigen Überprüfung seine Versicherungsleistung verweigern. Besonders kritisch ist dies nicht nur bei Haftpflichtversicherungen, sondern vor allem auch bei Brandschutzversicherungen. Falls durch eine alte Elektrik ein Brand verursacht wurde, und der Vermieter kann nicht die vorgeschriebene regelmäßige Überprüfung der elektrischen Anlage nachweisen, so kann dies empfindliche Vermögensschäden nach sich ziehen, wenn die Versicherung ihre Möglichkeit nutzt und die Leistung verweigert.
Auch beim Mieterwechsel wird dringend empfohlen, eine Überprüfung der elektrischen Anlage durch einen Fachbetrieb durchführen zu lassen. Hin und wieder neigen Mieter dazu, unsachgemäße Umbauten der Elektrik vorzunehmen und dies beim Auszug nicht mehr in den Ursprungszustand zurückzuführen. Selbst der Austausch eines Schalters gegen einen Dimmer kann zur Gefahr werden, wenn dies unsachgemäß geschieht.
Trifft ein Elektriker - z. B. im Rahmen einer Überprüfung, Reparatur, Umbau oder Erweiterung - auf eine Anlage, die nicht mehr den aktuellen Anforderungen entspricht, so ist er dazu verpflichtet, den Betreiber (also bei Mietwohnungen den Eigentümer bzw. Vermieter) darauf hinzuweisen, daß die Anlage nicht mehr den Anforderungen entspricht. Erkennt der Elektriker eine Gefahr im Verzug, so ist er berechtigt, die Anlage sofort stillzulegen, bis der Mangel behoben ist. Gefahr im Verzug ergibt sich z. B. bei zerbröselnden Isolierungen oder bei Schmorstellen an Kabeln bzw. Leitungen oder Verteilungen. Ist die Anlage noch in klassischer Nullung ausgeführt, ist eine Erweiterung inzwischen sowieso nicht mehr zulässig, hier ist nur noch eine Generalsanierung erlaubt.
Besonders kritisch ist die Situation im Bundesbeitrittsgebiet. Hier wurden teilweise über den 1.5.1973 hinaus Anlagen mit klassischer Nullung errichtet, manchmal sogar unter Verwendung nicht zugelassener Materialien. So kommt es dort öfter vor, daß auch später errichtete Objekte nicht den Anforderungen genügen und dementsprechend umgerüstet werden müssen.
Oftmals genügt ein Blick in den Sicherungskasten, um sich einen groben Überblick zu verschaffen. Findet man im Sicherungskasten einen etwa 70 mm breiten Einsatz mit der Bezeichnung "RCD" oder "FI-Schutzschalter", sieht es schon mal gut aus. Vorgeschrieben ist ein RCD mit 30 mA Auslösestrom, auf dem RCD ist dieser Wert vermerkt (I delta n 30 mA bzw. 0,03 A). Höhere Werte sind nicht zulässig, vor 1984 wurden gelegentlich auch RCDs mit Auslösewerten bei 100 mA (0,1 A) bzw. 500 mA (0,5 A) eingesetzt. Diese müssen ausgetauscht werden. Ebenso besitzt der RCD eine Test-Taste, beim Drücken derselbigen muß er auslösen.
Ist im Sicherungskasten kein RCD vorhanden, so gibt es die Möglichkeit, daß im Bad eine Steckdose mit eingebautem RCD vorhanden ist. Diese erkennt man daran, daß sie am Rand einen Taster "Test" sowie einen Hebel haben. Es genügt den derzeitigen Anforderungen, wenn im Bad ein solches Gerät an jeder Steckdose vorhanden ist bzw. alle Steckdosen im Bad über den RCD in einer Steckdose mitgesichert sind.
In Alarmbereitschaft sollte man versetzt werden, wenn bei Lichtauslässen (z. B. an der Decke) nur zwei Leitungen zu sehen sind, in der Regel in den Farben schwarz und grau. Ist kein grün-gelb isolierter Leiter zu sehen, so kann man davon ausgehen, daß das Objekt noch in klassischer Nullung ausgeführt ist und einer Generalsanierung bedarf. Eine Neuvermietung dieses Objektes ist dann nicht mehr zulässig.
In jedem Fall sollten Sie spätestens beim Mieterwechsel einen Fachbetrieb hinzuziehen und eine Überprüfung nach VDE 0100 Teil 610 durchführen lassen.
Roland Müller, Mitglied im VDE
Peter Konrad, vereidigter Sachverständiger beim VdS
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Um mal mit der urbanen Legende des Bestandsschutzes alter Installationen aufzuräumen poste ich hier einen Artikel, der vor wenigen Jahren (ca. 2003) mal in einer Hausbesitzerzeitung abgedruckt war.
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Haftung des Vermieters bei alter Elektrik
Immer wieder ergeben sich Fragen im Bereich der Haftung bei Mietwohnungen mit alter Elektrik. Für die technischen Anforderungen ist der VDE (Verein Deutscher Elektriker) verantwortlich, der die technischen Normen und Anforderungen festlegt.
Seit 1997 ist eine regelmäßige Überprüfung der elektrischen Anlagen gesetzlich gefordert. Bei privat genutzten Räumen ist dies alle vier Jahre, bei gewerblich genutzten Räumen, die der BGV A2 unterliegen, alle zwei Jahre. Den technischen Inhalt und Umfang der Prüfungen legt VDE 0100 Teil 610 fest.
Gerade bei Altbauten bestehen häufig bedenkliche Mängel der elektrischen Anlage, so fehlt z. B. der mindestens für das Bad vorgeschriebene Fehlerstromschutzschalter (RCD, früher FI-Schutzschalter genannt). Außerdem findet man in Altbauten hin und wieder noch die sogenannte "klassische Nullung". Hierbei gibt es keinen separaten Schutzleiter, in der Steckdose sind Schutzleiter und Neutralleiter gebrückt. Lampenauslässe haben oftmals überhaupt keinen Schutzleiter, auch bei Herdanschlüssen fehlt er gelegentlich. Aus verschiedenen Gründen ist diese Art der Installation seit 1.5.1973 verboten. Ebenso ist seit dem 1.5.1984 ein RCD mit einem Auslösestrom von maximal 30 mA für Räume mit Dusche oder Badewanne zwingend vorgeschrieben.
Da seit dem 1.5.1973 nunmehr 30 Jahre vergangen sind, fallen diese Anlagen auch nicht mehr unter den Bestandsschutz, d. h., daß Anlagen mit klassischer Nullung spätestens bei Mieterwechsel zwingend erneuert werden müssen. Wohnungen mit alter Elektrik, die noch eine klassische Nullung haben, dürfen in diesem Zustand nicht mehr neu vermietet werden.
Während das Nachrüsten eines RCD noch mit verhältnismäßig wenig Aufwand zu bewerkstelligen ist, kann die Generalsanierung der Elektrik deutlich aufwendiger werden, insbesondere dann, wenn die alten Leitungen fest unter Putz verlegt wurden und nicht in Leitungsrohren. Für das Nachrüsten eines RCD ist das Vorhandensein eines separaten Schutzleiters zwingende Voraussetzung, d. h., Anlagen mit klassischer Nullung müssen erst mit einem Schutzleiter versehen werden.
Aber auch bei Wohnungen mit Bestandsmietern ist der Vermieter in der Haftungspflicht. Unwissenheit schützt vor Haftung nicht. Ein Vermieter haftet auch dann für entstandene Schäden, wenn er sich auf Unkenntnis der technischen Vorschriften oder den Zustand der elektrischen Anlage beruft. So will es das Gesetz. Prüfung, Haftung und Beweislast des Vermieters bei Stromschäden wurden schon in verschiedenen Gerichtsurteilen bestätigt.
So kann bei einem Stromunfall auch die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Vermieter wegen fahrlässiger Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung einleiten. Kann der Vermieter nicht die gesetzlich vorgeschriebene regelmäßige Überprüfung der elektrischen Anlage nachweisen, so kommt es im Regelfall zu einer Verurteilung.
Auch ein Sachversicherer kann bei alten Anlagen oder bei fehlendem Nachweis der regelmäßigen Überprüfung seine Versicherungsleistung verweigern. Besonders kritisch ist dies nicht nur bei Haftpflichtversicherungen, sondern vor allem auch bei Brandschutzversicherungen. Falls durch eine alte Elektrik ein Brand verursacht wurde, und der Vermieter kann nicht die vorgeschriebene regelmäßige Überprüfung der elektrischen Anlage nachweisen, so kann dies empfindliche Vermögensschäden nach sich ziehen, wenn die Versicherung ihre Möglichkeit nutzt und die Leistung verweigert.
Auch beim Mieterwechsel wird dringend empfohlen, eine Überprüfung der elektrischen Anlage durch einen Fachbetrieb durchführen zu lassen. Hin und wieder neigen Mieter dazu, unsachgemäße Umbauten der Elektrik vorzunehmen und dies beim Auszug nicht mehr in den Ursprungszustand zurückzuführen. Selbst der Austausch eines Schalters gegen einen Dimmer kann zur Gefahr werden, wenn dies unsachgemäß geschieht.
Trifft ein Elektriker - z. B. im Rahmen einer Überprüfung, Reparatur, Umbau oder Erweiterung - auf eine Anlage, die nicht mehr den aktuellen Anforderungen entspricht, so ist er dazu verpflichtet, den Betreiber (also bei Mietwohnungen den Eigentümer bzw. Vermieter) darauf hinzuweisen, daß die Anlage nicht mehr den Anforderungen entspricht. Erkennt der Elektriker eine Gefahr im Verzug, so ist er berechtigt, die Anlage sofort stillzulegen, bis der Mangel behoben ist. Gefahr im Verzug ergibt sich z. B. bei zerbröselnden Isolierungen oder bei Schmorstellen an Kabeln bzw. Leitungen oder Verteilungen. Ist die Anlage noch in klassischer Nullung ausgeführt, ist eine Erweiterung inzwischen sowieso nicht mehr zulässig, hier ist nur noch eine Generalsanierung erlaubt.
Besonders kritisch ist die Situation im Bundesbeitrittsgebiet. Hier wurden teilweise über den 1.5.1973 hinaus Anlagen mit klassischer Nullung errichtet, manchmal sogar unter Verwendung nicht zugelassener Materialien. So kommt es dort öfter vor, daß auch später errichtete Objekte nicht den Anforderungen genügen und dementsprechend umgerüstet werden müssen.
Oftmals genügt ein Blick in den Sicherungskasten, um sich einen groben Überblick zu verschaffen. Findet man im Sicherungskasten einen etwa 70 mm breiten Einsatz mit der Bezeichnung "RCD" oder "FI-Schutzschalter", sieht es schon mal gut aus. Vorgeschrieben ist ein RCD mit 30 mA Auslösestrom, auf dem RCD ist dieser Wert vermerkt (I delta n 30 mA bzw. 0,03 A). Höhere Werte sind nicht zulässig, vor 1984 wurden gelegentlich auch RCDs mit Auslösewerten bei 100 mA (0,1 A) bzw. 500 mA (0,5 A) eingesetzt. Diese müssen ausgetauscht werden. Ebenso besitzt der RCD eine Test-Taste, beim Drücken derselbigen muß er auslösen.
Ist im Sicherungskasten kein RCD vorhanden, so gibt es die Möglichkeit, daß im Bad eine Steckdose mit eingebautem RCD vorhanden ist. Diese erkennt man daran, daß sie am Rand einen Taster "Test" sowie einen Hebel haben. Es genügt den derzeitigen Anforderungen, wenn im Bad ein solches Gerät an jeder Steckdose vorhanden ist bzw. alle Steckdosen im Bad über den RCD in einer Steckdose mitgesichert sind.
In Alarmbereitschaft sollte man versetzt werden, wenn bei Lichtauslässen (z. B. an der Decke) nur zwei Leitungen zu sehen sind, in der Regel in den Farben schwarz und grau. Ist kein grün-gelb isolierter Leiter zu sehen, so kann man davon ausgehen, daß das Objekt noch in klassischer Nullung ausgeführt ist und einer Generalsanierung bedarf. Eine Neuvermietung dieses Objektes ist dann nicht mehr zulässig.
In jedem Fall sollten Sie spätestens beim Mieterwechsel einen Fachbetrieb hinzuziehen und eine Überprüfung nach VDE 0100 Teil 610 durchführen lassen.
Roland Müller, Mitglied im VDE
Peter Konrad, vereidigter Sachverständiger beim VdS
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