Lieber merdesign,
ich mache mir jetzt die Mühe, Dir Deine Fragen zu beantworten, verlange aber, daß Du die gutgemeinten Ratschläge hier beachtest!
Also,...
Der Cu-Draht ist nicht unendlich mit Strom belastbar, ab einer bestimmten Stromstärke wird er zu warm.
Vorab:
Spannung U ist vergleichbar mit Wasserdruck, angegeben in Volt
Strom I ist vergleichbar mit dem Durchfluß, angegeben in Ampere.
Das Produkt beider ist die Leistung in Watt.
Ohmsches Gesetz U = R*I, R ist der Widerstand.
Also nur wenn Spannung am Verbraucher, dann fließt Strom.
Eine Leitung, an der kein Verbraucher hängt, z.B. Steckdose ohne Gerät dran, kann zwar Spannung haben (Sicherung drin), aber es fließt kein Strom. Erst wenn Verbraucher dran, dann Strom.
Soweit 1 Semester Etechnik-Grundlagen in supersuperknapper Form....
Also weiter.
Der Drahtquerschnitt und die Drahtlänge bestimmen den Drahtwiderstand.
Wenn nun ein Strom drüberfließt, entsteht aufgrund des Widerstandes ein Spannungsverlust.
Hat der Draht z.B. 1Ohm Widerstand und fließt 1 Ampere, dann heißt das 1V Verlust.
Also, wenn am Anfang 230V drauf sind, mißt Du am anderen Ende noch 229V.
Ohmsche Gesetz U = R * I.
Jetzt verursacht der Spannungsfall von einem Volt gemeinsam mit dem fließenden Strom von einem Ampere eine Verlustleistung von 1 W.
U * I = P.
Verlustleistung deshalb, weil Du die vorne reinsteckst, hinten aber nicht nutzbar ankommt, sondern sich in Wärme umsetzt, Du verlierst sie einfach...
Durch die Wärmeumwandlung wird der Draht je nach Verlustleistung erwärmt.
Cu-Kabel und Leitungen dürfen max. 70°C erreichen, dann iss' Sense. Auch nimmt mit der Erwärmung der Widerstand des Drahtes zu, man hat quasi den doppelten, aufschaukelnden Effekt. :wink:
Heißt:
Für jeden Drahtquerschnitt gibt es bestimmte Strom-Maximalwerte, damit der Draht nicht über 70°C kommt.
Dann muß man noch beachten, daß ein Kabel oder eine Leitung, die vollständig im Putz liegt, die Verlustwärme besser ableitet, und daher etwas höher belastet werden kann.
Eine Leitung, die in Glaswolle verläuft, muß weniger belastet werden, weil schlechte Kühlung. Oder ein Kabel bei hoher Umgebungstemperatur...
Die VDE gibt eindeutige Grenzwerte vor, abhängig von der Verlegeart.
Jetzt geht natürlich noch die Länge in den Drahtwiderstand ein.
Je länger der Draht, desto höher der Widerstand, desto höher der Spannungsfall, desto höher die Verluste,...
Auch hier gibt es Grenzwerte.
Als Referenz dient ein Maximal-Spannungsfall von 3%.
Gut.
Die Sicherungen.
Nehmen wir mal, die hast eine Leitung mit Wechselstrom, also einer Phase.
Nehmen wir mal 3x1,5mm².
Verlegt direkt unter Putz. Leitungslänge im Rahmen, also rund 14m.
Lt. VDE belastbar mit maximal 18A bei rundherum rund 25°C.
Heißt: Absichern mit 18A.
Weil es aber keine 18A-Sicherung gibt, nimmt man die nächstkleinere erhältliche, also 16A.
Was macht die Sicherung im Fehlerfall?
Nehmen wir mal an im Kurzschluß zwischen Phase und Neutral, also bei Dir braun und blau.
Sie soll abschalten, aber in unter 0,4s, so die Vorschrift.
Nehmen wir nochmal das Ohmsche Gesetz.
Wenn Du einen Kurzschluß machst, dann hast Du einen Stromkreis, der aus folgenden Teilen besteht:
Quelle (Trafo, 230V), Leitungswiderstand hin zum Kurzschluß, Leitungswiderstand zurück bis zur Quelle.
Natürlich ist das ganze Spiel noch komplexer, aber lassen wir es mal so einfach zum Verständnis.
Also im Kurzschlußfall zählt der Widerstand des Stromkreises vom Trafo zum Kurzschlußort und wieder zurück.
Dieser Widerstand ist sehr klein.
Nehmen wir mal an, er wäre 1Ohm.
Bei 230 V fließen dann bei 1 Ohm: U/R =I = 230A.
Deswegen knallt ein Kurzschluß auch so toll, weil die Amperezahl so hoch ist!
Jetzt hat Deine Sicherung eine Kennlinie, je nach Typ schaltet sie bei einem bestimmten Kurzschlußstrom innerhalb von 0,4s ab.
Eine Schraubsicherung Typ gL braucht den fünffachen Nennstrom, um in 5 Sekunden abzuschalten, also bei 16A braucht sie 80A.
Ein Automat vom Typ B braucht den fünffachen Nennstrom, um in 0,4 Sekunden abzuschalten, also bei 16A ebenfalls 80A.
Du siehst Schraubsicherungen sind hier langsamer.
Wenn Du jetzt eine 25A-Sicherung (Schraubsicherung) hast, dann braucht diese 125A Kurschlußstrom, um in 5 Sek. abzuschalten.
Willst Du aber, daß sie in 0,4 Sekunden abschaltet, dann müssen es schon rund 200A sein.
Für den Kurschluß heißt das:
Bei 230 V darf der Widerstand der Leitung vom Trafo aus zur Kurschlußstelle und wieder zurück nicht mehr als 230V / 200A = 1,15 Ohm betragen.
Gerade bei Altbauten sieht es da aber anders aus!
Nehmen wir mal an, Du hättest 2 Ohm.
Dann kämst Du auf 115A Kurschlußstrom, Deine Schmelzsicherung löst nicht in 0,4 s aus sondern viel später.
Wenn Du einen Automaten hast, dann löst der auch nicht in 0,4 s aus, denn dafür bräuchte der B-Typ 5*25A = 125A.
Du kannst Dir sicher vorstellen, daß der 1,5mm²-Draht gut warm wird bei dieser Sache; wahrscheinlich so warm, daß die Isolierung beschädigt wird.
Auch wenn Du die Sicherung nach dem Kurzschluß wieder einschaltest und der Herd wieder läuft, so hat die Leitungsisolierung einen Schaden und es fließen kleine Ströme im Kabel zwischen den Drähten wegen der schlechten, beschädigten, überhitzten Isolierung.
Dauernd!
Dadurch entsteht eine innere Erwärmung, die zum Kabelbrand führt!
Also:
Leitungen immer entsprechend der Verlegeart und des Querschnittes absichern!
Beim "Stromern" geht es nicht in erster Linie darum, etwas zu bauen, was funktioniert, sondern man muß den Schutz der Personen und Gegenstände im Fehlerfall richtig dimensionieren, das ist die eigentliche Aufgabe der Elektriker.
Gänge es nur um "Funktion", dann kann man die Badsteckdose für den Fön auch direkt von der Freileitung holen, 230V hast Du dann.
Und Du kannst Dich fönen.
Aber im Fehlerfall?
Gruß,
Andreas