Akki schrieb:
Hallo Volta,
es mag zwar sein, daß dies hier ein kostenloses Forum ist, deswegen sollten die Beiträge aber nicht an Qualität zu wünschen übrig lassen.
Ich sehe das Forum in zweierlei Dingen als hilfreich:
1) man bekommt als Laie oder als Azubi den einen oder anderen Tip, um in die richtige Richtung zu kommen
2) man hat als Fachmann die Möglichkeit, sein Wissen zu verbessern und die eigene Meinung zu stärken oder zu revidieren, wir sind ja nun nicht unfehlbar. Deshalb finde ich diesen Austausch hier sehr hilfreich.
Insofern wäre es schon schön, wenn ich eine genauere Begründung erhielte, warum ich einen SPD Typ 1 einsetzen soll ("die einem die Leitungen aus der Wand sprengen und letztendlich sogar zu einem Brand führen können. "), denn bangemachen finde ich doof, es sollte schon eine fundierte Erklärung geben, warum das eine oder das andere sinnvoll ist.
Also entweder VDE, VDS oder eine physikalische plausible Erklärung. Zu meinem Herstellerzitat von Dehn hast Du in keiner Weise Stellung genommen und ich gehe davon aus, daß diese Leute den Plan von Überspannungen haben. Insofern würde ich mich erstmal daran halten, um die Grundprobleme zu verstehen. Mir erscheint das zumindest schon sehr logisch, daß ich verschiedene Schutzstufen benötige, je nachdem, ob mein PA mit oder ohne Blitzstrom leben muß.
Gruß
Akki
Das Problem ist halt, dass die VDE nicht sagt "Du musst Überspannungsschutz haben" oder "Du brauchst keinen Überspannungsschutz". Es gibt da eine Formel, in die man unter anderem die Blitzdichte eintragen muss.
Da die Blitzdichte in Deutschland unterschiedlich ist, führen manche Ergebnisse dazu, dass ÜSS vorgeschrieben ist, und manche Ergebnisse führen dazu, dass ein ÜSS nicht vorgeschrieben ist.
Was DEHN und OBO in ihren Ausführungen angeben, sind lediglich Empfehlungen, wie so ein Blitzschutzkonzept aufgebaut werden muss, damit es fachmännisch korrekt ist. Das sagt aber nichts darüber aus, OB man einen Schutz einbauen MUSS. Wer sich (freiwillig) für einen Überspannungsschutz entscheidet, der möchte i.d.R. seine Geräte schützen. Dann sind die Ausführungen von DEHN und OBO hilfreich, es korrekt aufzubauen.
Aus deiner Mail lese ich aber heraus, dass du wissen willst, ob bei dir ein ÜSS vorgeschrieben ist. Man wird dir hier aber nicht ein einfaches "JA" oder "NEIN" hinwerfen können, wenn du uns trotz 2-facher Aufforderung deinen Wohnort nicht verrätst.
Wenn die Berechnung dann ergibt, dass eine ÜSE erforderlich ist, darf der Überspannungs-Schutzpegel dieser Schutzeinrichtung in einem normalen Haushalt nicht höher als 2,5 kV sein (Überspannungskategorie II gemäß VDE 0100-443.3)
Frage 1: Wo wohnst du? (Bitte auch die ungefähre Richtung angeben, wenn es keine weltbekannte Stadt ist)
Frage 2: Freileitung oder Erdkabel-Anschluss?
Frage 3: Geerdete Dach-Aufbauten (z.B. Sat-Antenne o.ä.)?
Frage 4: Äußerer Blitzschutz (Blitzableiter) vorhanden?
Frage 5: Wie lang ist der Kabelweg vom Hausanschlusskasten bis zum Zählerschrank?
Frage 6: Wie lang ist der Kabelweg vom Zählerschrank zur Unterverteilung?
Frage 7: Wie viele Unterverteilungen gibt es?
Frage 8: Soll nur die VDE-Vorschrift erfüllt werden, oder sollen auch Endgeräte geschützt werden?
Frage 9: Welche Netzform hast du?
Wenn du irgendetwas "geerdetes" auf dem Dach hast, oder über Freileitung versorgt wirst, und der Hausanschlusskasten nicht in unmittelbarer Nähe beim Zählerschrank ist, haust du direkt hinter den Hausanschlusskasten einen Typ-1-Ableiter MC 50-B/3 rein (ich rede jetzt von den OBO-Geräten). Nicht zu verwechseln mit MC 50-B/3-OS mit optischer Funktionsanzeige, da diese Dinger minimal Strom für 3 LEDs ziehen, was das RWE wirtschaftlich ruinieren würde und deshalb im Vorzählerbereich nichts zu suchen hat.
Mit diesem Teil drückst du dann den Schutzpegel auf < 2,0 kV, womit die VDE-Vorschrift erfüllt wäre. LPZ 0 -> 1 muss sein, weil mit direkten Blitzeinschlägen zu rechnen ist.
Der Anschluss der Erde muss in diesem Fall mit einem 1 x 16 mm² Kupfer-Kabel "Einzelader massiv" erfolgen (nicht: Mehradrig massiv) und zwar auf eine blitzstromtragfähige Potenzialausgleichsschiene.
Ich gehe davon aus, dass du hinter dem Zähler in ein TN-S-System aufteilst. Dann muss im Zählerschrank und in jeder Unterverteilung die weiter als 5 Meter vom letzten ÜSS-Gerät entfernt ist, ein Typ-2-Ableiter mit LPZ 1 -> 2 rein, z.B. V 20-C/3+NPE-280.
Vor jedes zu schützende Gerät kommt dann noch ein Typ-3-Ableiter rein, was an dieser Stelle aber zu aufwändig wird, das genau aufzuschlüsseln.
Für Telefon muss dann beim Hauseintritt ein SC-Tele/4-C-G eingebaut werden, sowie ein FC-TAE-D bei den Telefondosen, sofern nicht alles in unmittelbarer Nähe steht.
Für's DSL-Netzwerk nimmst du dann noch RJ45 S-ATM/8-F direkt beim PC.
Wenn du 'ne Sat-Antenne auf dem Dach im blitzgefährdeten Bereich hast, brauchst du auch noch je Kabel ein DS-F m/w oder DS-F w/w als Kombischutz, sowie einen Steckdosenadapter mit Sat-Anschluss FC-SAT-D als Feinschutzgerät. Wenn die Sat-Antenne mehr als 2 Meter unter dem Dach ist und weniger als 1,50 Meter von der Wand absteht, oder von einem äußeren Blitzschutz geschützt wird, kannst du auf den Basisschutz verzichten.
So, jetzt hast du deine Antwort. Aber bist du jetzt schlauer? Vermutlich nicht. Überspannungsschutz ist nunmal kein "Do-It-Yourself"-Bastelei.
Du willst wissen, ob du den "teuren" Typ-1-Ableiter brauchst? Dazu müsste ich erst einmal wissen, ob du deine Geräte schützen willst, oder ob es dir nur um die Erfüllung einer VDE-Vorschrift geht?
Zur VDE-Vorschrift kann ich ohne deinen Wohnort nichts sagen. Wenn es dir um den (freiwilligen) Geräteschutz geht, kannst du dich an die Ausführungen von DEHN und OBO halten. Die Auswahl der Komponenten solltest du dann aber doch besser einen Fachmann überlassen, da man hier viel falsch machen kann und am Ende viel Geld in die falsche "Hardware" investiert hat.....
Ach so, die Erklärung, warum ein Typ-1-Ableiter sinnvoll ist: Freileitungsanschluss, geerdete Dachaufbauten oder Blitableiter sind magische "Anziehungspunkte" für Blitze. Bei einer Freileitung muss ich wohl nicht erklären, welchen Weg der Blitz nimmt: Direkt in deine Wohnung.
Bei Erdkabelanschluss, aber geerdeten Dachaufbauten, wird der Blitz ins Erdreich geleitet, aber ein sehr großer Teil des Blitzstroms wird über Induktion in das Erdkabel eingekoppelt und landet wieder im Haus. Das kann auch die Telefonleitung oder TV-Kabelanschluss sein.
Das ist übrigens auch dann der Fall, wenn in der Nähe ein Freileitungsmast steht, du selbst aber über Erdkabel angeschlossen bist, oder wenn dein Nachbar geerdete Dachaufbauten hat oder diese irgendwann einmal bekommt (wer rüstet dann seinen Überspannungsschutz nach?!?). Dem Blitzstrom ist es egal, ob er von deinem Haus in die Erde gelangt oder vom Haus des Nachbarn.
Wenn du "laut VDE-Vorschrift" nicht zu einem ÜSS verpflichtet bist, ist es letzten Endes deine eigene Entscheidung, wie viel Sicherheit du haben willst. In diesem Fall würde ich mich an die Empfehlungen von DEHN und OBO halten. Also wenn bei dir und in deiner näheren Umgebung mit direkten Blitzeinschlägen nicht zu rechnen ist, kann auf den Typ-1-Ableiter LPZ 0 -> 1 verzichtet werden. Das wäre dann als "Restrisiko" in Kauf zu nehmen, wenn da kein großer wirtschaftlicher Schaden durch ensteht (die Schwerindustrie würde lieber 800,- Euro mehr ausgeben, als einen Ausfall im Wert von 800.000,- Euro zu riskieren .... aber hier zählen ja eh wieder andere Vorschriften).
Du siehst schon: Mit einem klaren "Ja" oder "Nein" wird man deine Frage wohl nicht beantworten können.
Abschließend noch eine Erklärung zu den mehreren Blitzschutzstufen:
So ein LPZ 0 -> 1 Gerät kann nur einen Teil des Blitzstromes ableiten, lässt aber noch einen großen Teil durch. Dieser wird dann von den LPZ 1 -> 2 Geräten abgeleitet, aber auch nicht ganz vollständig. Den letzten Schutz übernehmen dann die Feinschutzgeräte LPZ 2 -> 3. Werden nur Feinschutzgeräte verwendet (z.B. die Baumarkt-Steckdosen-Leisten), bringt das höchstens etwas für minimale Überspannungen, z.B. durch Schalthandlungen. Bei einem Blitzeinschlag sind die völlig überfordert.
Es gibt auch Kombi-Ableiter LPZ 0 -> 2 oder sogar LPZ 0 -> 3, aber die schützen (ebenso wie der Feinschutz) nur bis ca. 5-10 Meter hinter dem Schutzgerät (je nach Gerät). Das Problem ist nämlich, dass der Strom nicht einfach "weg" ist, sondern über die Leitungslänge, irgendwelche Induktionen und andere wirre physikalsiche Eigenarten sich wieder "verstärkt", so dass bei Leitungen größer 5 Meter ein neuer Feinschutz eingebaut werden muss.
Die "Pillen", die man fest in die Steckdosen einbaut, schützen auch die Steckdosen ca. 5 Meter nach links und 5 Meter nach rechts (im selben Stromkreis). Hier brauchst du also nicht für jede Steckdose so eine Pille.
Wenn du aber die praktischen Steckdosen-Adapter nimmst, die einfach in die Steckdose gesteckt werden, schützen sie nur die Geräte, die HINTER dem Schutz sind, aber keine weiteren Steckdosen. Hier wäre dann der Einsatz einer Mehrfachsteckdose sinnvoll, wobei Mehrfachsteckdosen auch nur als Provisorium zugelassen sind und eine dauerhafte fest installierte Elektrik nicht ersetzen sollen.
Abschließend wäre noch wichtig zu erwähnen, dass für eine versicherungsrechtliche und VDE-gerechte Installation nur KOORDINIERTE Ableiter verwendet werden dürfen. Das heißt im Klartext: Nur Ableiter des SELBEN Herstellers nehmen und nicht verschiedene Hersteller untereinander mischen. Also nicht den teuren DEHN-Ableiter im Zählerschrank und die billige ÜSS-Steckdosenleiste vom Baumarkt. Das "kann" technisch funktinieren, entspricht aber nicht den Vorschriften.
Konnte ich deine Fragen jetzt einigermaßen zufriedenstellend beantworten?
Das Fazit, was du daraus ziehen kannst: Du hast jetzt ein wenig Background-Infos, wirst aber um das Hinzuziehen eines Fachmanns nicht vorbei kommen, wenn du es wirklich korrekt installiert haben willst. Aber Vorsicht: Nicht jeder, der sich Fachmann nennt, ist auch einer - ganz übel sind mitunter die "Blitzschutzfachfirmen", die sich in erster Linie um den äußeren Blitzschutz kümmern.
Äußerer Blitzschutz: Blitzschutzfachfirma
Innerer Überspannungsschutz: Elektrotechnikermeister mit guter Erfahrung und Referenzobjekten.