Wer darf was? Sachlage in Österreich

Diskutiere Wer darf was? Sachlage in Österreich im Forum Grundlagen & Schaltungen der Elektroinstallation im Bereich ELEKTRO-INSTALLATION & HAUSELEKTRIK - Hallo, vor Kurzem gab es hier eine Diskussion über die Befugnisse hinsichtlich Errichtung und Änderung von elektrischen Anlagen in Deutschland...
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
M

manuel82

Beiträge
149
Beruf
Elektrotechniker
Hallo,

vor Kurzem gab es hier eine Diskussion über die Befugnisse hinsichtlich Errichtung und Änderung von elektrischen Anlagen in Deutschland.
Dementsprechend möchte ich hier auch meinen Senf dazu geben und ein wenig auf die rechtliche Lage in Österreich eingehen. :D

Auf welche Anlagen und Betriebsmittel beziehen sich die folgenden Erläuterungen?

Auf ALLE Starkstromanlagen und Betriebsmittel mit Nennsspannung bis 1000V AC (effektiv; mit Frequenz bis 1 kHz) und 1500V DC. Somit ist klar, dass auch Inselanlagen betroffen sind. Grundlage ist das ETG92 und die ÖVE E8001.
Für Anlagen mit einer Spannung unter 42V und einer Leistung von kleiner 100W der Stromquelle gelten gelockerte Bedingungen.

Darf ein Laie elektrische Anlagen oder Betriebsmittel gewerbsmäßig errichten, ändern oder erweitern?

Nein! Hierzu gibt es auch keine Ausnahmen.

Darf ein Laie elektrische Anlagen oder Betriebsmittel zu privaten Zwecken errichten, ändern oder erweitern?

Unter bestimmten Voraussetzungen - Ja. Die Anlage bzw. das Betriebsmittel muss spannungsfrei sein (geprüft durch eine Elektrofachkraft). Der Ausführende muss die fachlichen Kenntnisse besitzen (z.B. Gesellenbrief) oder unter Aufsicht einer fachkundigen Person stehen.

Dürfen derartig errichtete, geänderte oder erweiterte Anlagen durch den Laien in Betrieb genommen werden?

Nein!

Wer dürfte eine (durch einen Laien) errichtete und in Betrieb genommene Anlage abschalten?

Bei Gefahr im Verzug jede elektrotechnisch sachkundige Person. Auch in Abwesenheit des Anlagenbetreibers.

Die Elektrobehörde (Landesbehörde, in Wien die MA36)darf eine derartige Anlage abschalten, bis ein positiver Elektrobefund vorliegt.

Der Netzbetreiber ist ebenso befugt, eine derartige Anlage abzuschalten, bis ein Befund vorliegt!

Ab wann darf so eine Anlage bzw. ein Betriebsmittel in Betrieb genommen werden?

Erst nach der positiven Befundung durch ein konzessioniertes Elektrounternehmen! Unter anderem ist durch die Befundung nachzuweisen, dass die Auswahl der Betriebsmittel korrekt ist, der kurzschluss- bzw. thermische Schutz gewährleistet ist un die Schutzmaßnahmen funktionieren und die Anlage dokumentiert ist. Für die Messarbeiten sind nur zugelassene Messgeräte zu verwenden, die kalibriert sind. Der Befundaussteller übernimmt die Haftung.

Darf ein angestellter Meister eine Anlage oder Betriebsmittel befunden?

Er darf die Anlage überprüfen und einen Befund erstellen. Die Rechtsgültige Zeichnung (Stempel + Unterschrift) darf aber nur ein Unternehmen durchführen. Hier geht es um die Haftung.
Gerade bei vielen kleinen Unternehmen, welche als Einzelunternehmen geführt werden, übernimmt der Unternehmer die volle Haftung mit seinem Privatvermögen!

Darf jemand, der eine HTL in Elektrotechnik abgeschlossen hat bzw. ein FH- oder Unistudium in Elektrotechnik hat ein Unternehmen anmelden?

Welche Voraussetzungen zu erfüllen sind, ist der Elektrotechnik-Zugangsverordnung zu entnehmen. Die oben genannten Personen müssen Zusatzkurse absolvieren! Außerdem ist das Elektrotechnik-Gewerbe ein reglementiertes Gewerbe mit Zuverlässigkeitsprüfung. Jemand, der ein Gewerbe anmelden möchte, hat nicht nur die notwendigen Prüfungen nachzuweisen, sondern muss auch einen sauberen Strafregisterauszug haben!


Meiner Erfahrung nach sind sich viele Laien überhaupt nicht darüber bewusst, dass sie im Schadensfall voll zur Verantwortung gezogen werden können. Außerdem fehlt in der Regel das Wissen, sich über die Gefahren wirklich bewusst zu sein. So nach dem Motto "Die Anlage funktioniert doch" - dass aber im Fehlerfall Schutzmaßnahmen auch funktionieren müssen ist eine andere Geschichte...

Mir sind bereits mehrere Großunternehmen bekannt, eines davon auch international tätig, wo die dortigen Betriebselektriker nicht mal eine Steckdose tauschen dürfen. Hierzu werden externe Unternehmen beauftragt (Haftung).

Selbst für Elektrotechniker wie mich und viele anderen hier ist es eine Herausforderung, normentechnisch immer am Laufenden zu sein, um nach den anerkannten Regeln der Technik arbeiten zu können. Es benötigt viel Zeit und Einsatz sich dieses Wissen anzueignen...


Beste Grüße aus Österreich,

Manuel
 
manuel82 schrieb:
Hallo,
mit einer Spannung unter 42V und einer Leistung von kleiner 100W

Manuel

Das würde auch bedeuten das ein "Laie" kein Computernetzteil auswechseln darf, die Computerbauer
werden darauf einen kalten F...z geben.

Ihr Elektromeister
 
Re.

Hallo!

Ein PC-Netzteil hat primärseitig einen Anschluss vorgegeben. Das Herstellen der Steckverbindungen (wo theoretisch Fehler möglich wären) erfolgt sekundärseitig, wo eine Spannung von < 42V herrscht.

Somit gelten für die gewerbsmäßige Ausübung hier die vereinfachten Zulassungsvoraussetzungen (entweder <42V oder <100W, dass war bei meinem ursprünglichen Text nicht ganz richtig erläutert).

Der EDV-Fachbetrieb, der solche Arbeiten durchführt, braucht dazu keinen Elektromeister. Es reicht, wenn der Unternehmer einen Lehrabschluss in Elektroinstallationstechnik oder einen verwandten Lehrberuf (z.B. EDV-Systemtechnik) hat, nach dem Lehrabschluss mind. 2 Jahre in diesem Beruf gearbeitet hat und den Lehrgang über die elektrotechnischen Sicherheitsvorschriften absolviert hat.
Natürlich kann der Unternehmer solche Arbeiten einem Mitarbeiter im Unternehmen delegieren. Letztendlich muss der Unternehmer sicherstellen, dass die Arbeiten richtige ausgeführt wurden.

Es sei auch darauf hinzuweisen, dass nach dem Umbau des Netzteils eine Geräteprüfung (inkl. schriftlicher Dokumentation) nach ÖVE E 8701-1 vorzunehmen ist.

Auf jeden Fall sollten ein paar Fakten klar sein:

- PC-Netzteile müssen ein CE-Zeichen tragen und den EMV-Richtlinien entsprechen.
- Sekundärseitig muss SELV (EN 60950) gewährleistet sein
- Sekundärseitige Verdrahtungen müssen in einem Gehäuse untergebracht sein
- Kurzschluss- und Überlastschutz muss für das Netzteil und für die gesamte Verdrahtung gewährleistet werden.

Ob das Ganze die Computerbauer interessiert steht nicht zur Debatte - wer die Haftung übernimmt schon.

Gruß,

Manuel
 
Wäre es möglich dass du deine aussagen auch mit den verweisen zu den betreffenden gesetzes texten belegst? Aus dem elektro technik gesetz läßt sich das was du schreibst nicht ablesen. Dort ist ein befähigter nicht ein zb geselle. Sondern eben einfach ein befähigter. Also zb autodidakt.
 
Re.

@ Spion

"Aus dem elektro technik gesetz läßt sich das was du schreibst nicht ablesen. Dort ist ein befähigter nicht ein zb geselle. Sondern eben einfach ein befähigter. Also zb autodidakt."

Nun ein Auszug aus dem ETG 1992 BGBL 106/1993:
§12
(2) Die nicht gewerbsmäßige Herstellung, Änderung oder Instandhaltung von elektrischen Anlagen und elektrischen Betriebsmitteln ist nur solchen Personen gestattet, welche die hiezu erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen oder die Arbeit wenigstens unter der Aufsicht solcher Personen durchführen.
(3) Diese Kenntnisse und Fähigkeiten (Abs. 2) sind insbesondere bei jenen Personen anzunehmen, bei denen die Voraussetzungen für die Erlangung der Befugnis zur Installation der betreffenden elektrischen Anlagen beziehungsweise der elektrischen Betriebsmittel gegeben sind.


Mein Kommentar dazu: Aus dem Text geht klar hervor, dass Personen, die "privat" Anlagen ändern oder errichten entweder unter Aufsicht eines Fachkundigen sind oder selber fachkundig sind.
Wenn man den Abs.3 streng auslegt, sind nur jene "befähigt bzw. fachkundig", die selber Anlagen bzw. Betriebsmittel installieren dürfen. Das sind Meister, Ingenieuere mit Zusatzausbildung oder Gesellen mit langjähriger Erfahrung und individueller Befähigung. Allesamt mit einem sauberen Strafregisterauszug und einem aufrechten Gewerbe!
Eine kleine Ausnahme gibt es noch: Für Ziviltechniker und Funkamateure gelten noch andere Regelungen.

Privat errichtete Anlagen sind jedenfalls von einem gewerblichen Elektrotechniker abzunehmen (Elektrobefund) - siehe ÖVE E8001-6.
Falls dich die Definitionen für Elektrofachkraft, Laie etc. näher interessieren, schau mal in die ÖVE EN 50110.

Eine Sache sollte aber klar sein: Elektrotechnische Laien haben (ohne Aufsicht bzw. Unterweisung) eines Fachkundigen nichts an Anlagen und Betriebsmittel verloren. Ein Fernlehrgang bei Humboldt oder das Studieren des Baumarktkataloges machen keinen Fachkundigen aus dir - da gehört etwas mehr dazu. ;-)



Gruß Manuel
 
Das anzunehmen in absatz drei bedeutet lediglich dass einschl
 
Hallo Spion,
ich schreibe zwar aus D, aber denke, da gibts im Grundsatz keine Unterschiede. Ich habe eine abgeschlossene Ausbildung als Elektro-Installateur und habe Elektrotechnik studiert (Ing grad) und denke mir einen Vergleich erlauben zu können. Ein Studium (oder meinetwegen ein Dr. der Physik) ersetzt nicht die praktische Ausbildung. Auf Grund meines Studiums kenne ich zwar die Theorie - ist auch wichtig - aber dies würde nie meine Elektro-Installateur-Ausbildung ersetzen.

P.S. Hier in D dürfte ich nicht mal in meinem eigenen Haus eine Steckdose installieren.
 
Re.

@ Spion

Tja, es ist nun mal Tatsache, dass jemand, der die TU mit einem Dr. abgeschlossen hat nicht befähigt ist, elektrische Anlagen zu errichten oder zu ändern. So sieht es zumindest das Gesetz vor (siehe Gewerbeordnung von 1994 oder der Elektrotechnikzugangsverordnung).

Wenn er aber den Kurs über die elektrotechnischen Sicherheitsvorschriften absolviert und ein Jahr praktische Tätigkeit auf dem Gebiet nachweisen kann, dann darf er auch ein Gewerbe anmelden (bei sauberem Strafregisterauszug und positiver Zuverlässigkeitsprüfung).

Wie Werner bereits meinte geht es hier um Theorie und Praxis. Theoretisches Wissen alleine reicht eben nicht.
Und ein Lehrling sollte üblicherweise auch mehr beigebracht bekommen als nur Drähte in Rohre zu ziehen - daher gibt es auch eine Berufs- oder Fachschule. Man lernt dort zwar nicht, wie man integriert aber erfährt das notwendige Wissen, um Anlagen unter Anweisung durch einen Befähigten errichten oder ändern zu dürfen.

Gruß Manuel
 
Grobe Arbeiten, die sich in kurzer Zeit erlernen lassen und die auch in großen Unternehmen oft von geringer qualifiziertem Personal ausgeführt werden gibt es, ja.

Eine Fachkraft muss aber nicht nur die Leitung in die Wand bekommen, sondern das notwendige Material und Werkzeug bestimmen und beschaffen können, die Einhaltung der persönlichen Schutzmaßnahmen für alle Tätigen durchsetzen, die Leitung und die zugehörige Absicherung auch richtig dimensionieren, Einhaltung von zulässigen Verlegearten beurteilen und die Anlage am Ende auch prüfen können.

Moderne Elektrofachkräfte verstehen sich ebenso auf die Errichtung und In-Betriebsetzung von verschiedenen Regel- und Bus-Systemen, kennen Energiesparmaßnahmen, Integrieren Multimedia-Lösungen, kennen Versicherungsauflagen zur Sicherheitstechnik und vieles mehr.

Wer glaubt sich mit dem Kenntnissen einer Elektrofachkraft als Laie messen zu können, gehört zu den <0,01% wirklich interessierten oder hat schlichtweg keine Ahnung.
 
Schau werner ich wollte da wirklich nicht beleidigene r¨¹ber kommen. Aber ¨¹berleg mal selbst. Da hast einem rohbau mit z
 
T. Paul

Ja und ich rede eben wie gesagt nur von der praxis weil ja argumentiert wurde dass das auch so wichtig ist.

F¡§
 
Jede Elektrofachkraft muss auch die Theorie drauf haben, sonst ist der- oder diejenige keine Fachkraft.

Es gibt keine Planung, die lückenlos jede Eventualität abdeckt - und schon braucht es wieder die Theorie.

"Den Schornstein gibt es auf dem Plan gar nicht" - "Schau halt in den aktuellen, hat der Architekt letzte Woche hinzugefügt" - "Toll, daneben ist mein Installationsschacht, ach der wird sicher nicht wärmer als ursprünglich geplant ..." :roll:

Installateur zum Eli: "Ich glaub ich hab dein Kabel getroffen ..."

Putzer zum Eli: "Wieso 16A? Ich brauch so ne 32er Dose ..."

Bauherr: "Wir haben übrigens die Heizkreise geändert, sind nun 2 mehr, das passt doch mit Ihren Leitungen, oder?"
 
T paul
Mein beispiel, beruhend auf dem vorgebrachten argument, geht von zwei personen aus die nebenher arbeiten. Ein theoretiker und ein praktiker. Es soll verdeutlichen dass f¨¹r die praxis, wenn der theorie teil abgedeckt ist, nicht sonderlich viel k
 
Re.

@ Spion

"Manuel
Die gewerbe ordnung ist nicht relevant wenn ein doktor der physik privat zu hause an der elektrik baut."

Die Gewerbeordnung direkt nicht, das stimmt schon. Aber im ETG Abs. 3 wird beschrieben, wer eine "befähigte" Person ist. Jemand, der befugt ist, Anlagen und Betriebsmittel zu installieren - und hier wird eindeutig Bezug auf die GewO genommen, weil es diesbezüglich in keinem anderen Regelwerk eine Definition gibt.

Bei uns am Land heraußen ist es üblich, dass sich viele Hausherren ihre Installation teilweise selber machen oder "der Nachbar" hilft. Den Hausanschluss und den E-Befund übernimmt in der Regel der ortsansässige Elektriker, der auch mit seinem Know-How zur Seite steht.

Wenn jemand von Beginn an meint, er könne eh alles und die Handwerker sind nur Trotteln, dann wird er schnell im Regen stehen gelassen - zum Glück selten der Fall.

Gruß Manuel
 
Na das wird da nicht genau beschrieben. Es wird bloss schwammig gesagt bei welchen personen diese bef
 
Re.

"Na das wird da nicht genau beschrieben. Es wird bloss schwammig gesagt bei welchen personen diese bef
 
Spion schrieb:
Mein beispiel, beruhend auf dem vorgebrachten argument, geht von zwei personen aus die nebenher arbeiten. Ein theoretiker und ein praktiker.

Leider ist dies völlig Praxisfremd - neben Fachtheorie und Praxis haben Elektrofachkräfte auch zunehmend Aspekte der BWL und des Rechtswesens an der Backe - zumindest in meinem Umfeld.

Es gibt einen Unternehmer und es gibt die Bauleitende Fachkraft - und wenn irgendein Kunde, ein Prüfer, der Netzbetreiber oder sonstwer an der Arbeit zu meckern haben, hat diese Fachkraft ein Gespräch mit seinem Unternehmer. Und wenn die Kosten mit dem veranschlagten Angebot nicht übereinstimmen ebenso ... Bei kleineren Aufträgen, und Wohnungsbau wie ein EFH ist Kleinkram, liegt von der Planung, Durchführung bis zur Abrechenbaren Dokumentation der Tätigkeit oft alles in einer Hand.

Und wenn es dann mal bei größeren Dingen einen Fachplaner gibt, obliegt es immer noch demjenigen vor Ort zu entscheiden, ob diese Planung richtig ist und hat Mängel daran anzuzeigen.

Die mit einem Projekt beauftragte Elektrofachkraft hat sich in alle Richtungen für alle Handlungen zu verantworten! Und mal ganz ehrlich, die Komplexität einer elektrischen Anlage übersteigt so manch anderes Gewerk spielend!
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Thema: Wer darf was? Sachlage in Österreich
Zurück
Oben