Äußerer Blitzschutz bei Altbau ohne Ring/Fundamenterder möglich?

[dumdidum]

Hallo zusammen,

ich habe mich hier gerade neu angemeldet, da ich hoffe das ihr mir kurz weiterhelfen kann. Elektriker sind hier schwierig zu bekommen und bauen verständlicherweise lieber neu als irgendwas am Altbau anzufassen.
Mir geht es erstmal daher nur um eine Einschätzung ob das grundsätzlich möglich ist.

Wir haben ein Haus von ca. 1910 mit TNC Netz. Elektrik wurde vor 30 Jahren mal erneuert und auch ein Potentialausgleich mit Kreuzerder gelegt, später RCDs nachgerüstet.

Da wir nächstes Jahr das Dach erneuern müssen und das Haus höher ist als die Nachbarhäuser überlege ich ob ich da direkt das Thema äußerer Blitzschutz mit betrachte.

Ist es technisch sinnvoll möglich einen äußeren Blitzschutz OHNE Ringerder und OHNE Fundamenterder auszuführen? Könnten z.B. bei den Ableitungen vom Dach jeweils einen Tiefenerder einzuschlagen und z.B. die direkt an der Hauswand nahezu oberirdisch miteinander verbunden werden?

Ein Ringerder läßt sich hier nicht nur wirtschaftlich, sondern auch praktisch nicht komplett verlegen: Garage vom Nachbarn, Abwasserleitung parallel zur Hauswand, Bürgersteig, gepflasterte Einfahrt... das wäre unmöglich bzw. unbezahlbar...

Ich würde mich über eine erste Einschätzung freuen!

Viele Grüße!
dumdidum

 

[Octavian1977]

Ohne Erder ist kein Blitzschutz möglich.
Jeder Ableiter der Vom Dach kommt muß senkrecht in einem Erder mit geeigneten Werten enden.
Der Anschluß der Erder an den Potentialausgleich im Haus ist zwingend notwendig sowie die Errichtung eines inneren Überspannungsschutzes entsprechender Güte.
Nur weil Dein Haus ein wenig höher ist als andere brauchst Du noch keinen Blitzschutz.
Überspannungsschutz im Haus macht allerdings Sinn und ist in neuen Anlagen auch vorgeschrieben.

 

[dumdidum]

Danke für deine schnelle Antwort.
Das es nicht erforderlich ist ist klar, aber wenn eh ein Gerüst da steht und jemand auf dem Dach rumklettert ist halt die Frage ob ich das mit machen lasse oder einfach weitere 100 Jahre ohne lebe.

Das es eine Erdung geben muss und diese am Potentialausgleich hängen muss ist mir klar.
Die Frage sollte vielleicht eher lauten: gibt es einfache, "kostengünstige" Möglichkeiten einen Erder für einen Blitzableiter nachzurüsten ohne rund ums Haus alles aufzureißen.

vg

 

[Octavian1977]

Prinzipiell langt an jeder Ableitung der Tiefenerder (meist so 9-12m)
Allerdings benötigst Du die gut leitfähige Verbindung von jedem Erder zum Potentialausgleich des Hauses.
Diese Verbindung ist am Besten im Erdreich zu erstellen.

siehe zum Thema Blitz und Überspannungsschutz auch den Dehn Blitzplaner.

Übrigens ist die Blitzschutzanlage durch eine Blitzschutzfachkraft zu errichten!
Einfach irgendwo ein paar Runddrähte aufs Dach nageln endet in einem Blitzfänger und nicht in einem Blitzableiter.

 

[dumdidum]

Hallo octavian,

keine Sorge, ich mache das sicherlich nicht selbst... selbst wenn ich das elektrische Fachwissen hätte, auf ein Dach mit über 10m Höhe kriegt mich keiner freiwillig rauf.

Wer ist eigentlich eine Blitzschutzfachkraft? Vermutlich nicht jeder Wald- und Wiesenelektriker? Irgendwo habe ich auch gelesen das auf dem Dach das Dachdecker installieren... die brauchen aber Vorgabe von der Blitzfachkraft damit das was wird, korrekt?

Vermutlich wird das eh Kosten- Nutzen übersteigen... für 10000 Eur kann man auch viele andere tolle Sachen machen und hoffen das das Haus, welches zwei Kriege überlebt hat auch weitere 100 Jahre Wind und Wetter und Blitze so übersteht...

VG

 

[Octavian1977]

Es gibt entsprechende Fachbetriebe die sich auf Blitzschutz spezialisiert haben.
Der normale Elektro Installationsbetrieb kann das nicht.
Blitzschutzfachkraft ist eine 5 Tage Weiterbildung mit Prüfung für Elektrofachkräfte.

 

[werner_1]

@dumdidum: Schau dir doch mal die Blitzverteilung an: https://www.elektrikforum.de/attachments/blitzdichte1999-2011_13jahre_95-siemens-png.7309/
Ich weiß ja nicht wo du wohnst; vielleicht hat sich dein äußerer Blitzschutz damit erledigt.

 

[dumdidum]

Hi,
danke, so eine Karte hatte ich auch schon gesehen. Da sind wir hier in der Tat relativ niedrig einsortiert (zweite Kategorie von unten).
So wie ich es einschätze werden die Kosten eh 5 stellig liegen sowas hier drauf zu bauen, das lohnt sich da wohl eher weniger...

danke für eure Hilfe und Gruß!

 

[Dipol]

Prinzipiell langt an jeder Ableitung der Tiefenerder (meist so 9-12m)
Allerdings benötigst Du die gut leitfähige Verbindung von jedem Erder zum Potentialausgleich des Hauses.
Diese Verbindung ist am Besten im Erdreich zu erstellen.

Abmessungen von Erdern sind in diversen Normen festgelegt, leider nicht immer 100%-tig identisch. Für Tiefenerder von LPS sind die Reihe IEC 62305 und IEC 62561 zu beachten:

Mindestlänge 2,5 m (in Österreich 4,5 m), Kopf um 0,5 m unter Grund versenkt, empfohlene Standardlänge 9 m, Abstand zum Hausgrund mind. 1 m und wie bereits erwähnt auf oder - möglichst frosttief erdfühlig unter Erdniveau - miteinander und dem Blitzschutzpotenzialausgleich normkonform verbunden.

Es gibt entsprechende Fachbetriebe die sich auf Blitzschutz spezialisiert haben.
Der normale Elektro Installationsbetrieb kann das nicht.
Blitzschutzfachkraft ist eine 5 Tage Weiterbildung mit Prüfung für Elektrofachkräfte.

Für einen eigenen Handwerksberuf Blitzschutzbauer gibt es zu wenige Betriebe. EFK sind als Blitzschutzfachkräfte m. E. besser vorqualifiziert als Dachdecker die das überwiegend praktizieren aber auch nicht zwingend eine Prüfung als BSFK vorweisen können.

Um die Prüfung zu bestehen sind umfangreiche blitzschutztechnische Fach- und Normen-Vorkenntnisse nötig, die man sich nicht nur in einem einwöchigen Prüfungslehrgang eintrichtern kann. Zudem ist in Deutschland eine fünfjährige Berufspraxis für die Zertifikate von VDE-ABB bzw. VdB gefordert.