Schon interessant zu Lesen das es immer die "Anderen" Schuld sind. Hier in dem Fall die Schule und/oder die Eltern, aber niemals nie die Betriebe, Fachverbände/-vereine selbst. Man bietet ja einen Beruf mit Zukunft an, oder sollte man besser schreiben eine Berufung.
Vorallem wenn ich immer wieder das "...ja früher..." höre
Früher, wo man als Werbebildchen für das Elektroinstallateurhandwerk immer den netten jungen Mann mit sauberer Hose und gebügeltem Hemd, mit dem dicksten Messgerät in der Hand vor einer riesigen Unterverteilung sah. Da wurde nie erwähnt das man auf dem Rohbau bei Wind und Wetter für einen, sagen wir sehr spärlichen Lohn, jahrein jahraus, sich in jungen Jahren die Gesundheit runinierte, denn PSA war damals ein Satz Handschuhe und mit viel Glück die alte Mickey-Mouse vom Gesellen. Die bot zwar die Lebensgrundlage vieler Pilz- und Schimmelarten, aber selten Schutz vor dem schleichenden Verlust des Gehörs.
Auch gehörte es zu guten Ton, in der guten alten Zeit, das die Lehrlinge gefälligst Samstags zu erscheinen haben, in der Woche wo Berufschule war, um die Werkstatt und die Autos mal richtig aufzuräumen. Schliesslich hat man ja die ganze Woche faul in der Schule rumgehockt, was eh unnütz war, wenn man mal die Altgesellen oder den Meister gefragt hat.
Extra dafür bezahlt zu werden oder gar Überstundenvergütung, also für die Überstunden die ein Auszubildender damals auch schon nicht machen durfte? Ne, man habe gefälligst froh zu sein einen Ausbildungsplatz zu haben, Lehrjahre sind keine Herrenjahre! Naja, und der ganze andere Schmodder wie "Hat uns ja auch nicht umgebracht..." etc.
Ja die gute alte Zeit...wo ist sie nur geblieben...
Jaja, ich weiß, es gab auch andere Betriebe. Da wo die (fehlenden) Fachkräfte selbst ausgebildet wurden, und nicht versucht wurde den Markt abzufischen und zu verbrennen. Nur die guten Betriebe sind nunmal seit 20 Jahren am aussterben, und das was übrig bleibt ist halt oftmals nur die untere tiefdunkle Suppe.
Es hat sich aber im Vergleich zu "früher" einfach die Tatsache verändert, dass der junge Mensch sich heute vor der Ausbildung ein sehr genaues Bild machen kann was ihn erwartet.
Auf der einen Seite erwartet ihn, womöglich in einer kleinen Handwerkklitsche, tägliche unbezahlte Überstunden, Werkzeuge die schon seit 5 Generationen im Betrieb sind und Arbeitsbedingungen (zb. keine nutzbaren Klos auf Baustellen, mangelhafte PSA etc) die einfach nur gruselig sind. Der Lohn ist mit Glück mittelmäßig, und die Mitarbeiterführung grenzt hart an moderne Sklaverei.
Auf der anderen Seite dann ein Industriebetrieb, geregelte Arbeitszeiten und bezahlte Überstunden. Innerbetriebliche Aus- und Weiterbildung, arbeitsgerechte PSA und sanitäre Anlagen die man auch nutzen kann, oder direkt alle Infektionskrankheiten der westlichen Welt zu bekommen (ausser Schnupfen). Dazu meist zwar ein straffes, aber dennoch soziales Arbeitsumfeld. Naja, und von Einkommen mal ganz abgesehen, oftmals die Möglichkeit in der Rangordnung stetig zu steigen und so weiter.
Wer da noch nachdenken muss, dem ist halt nicht zu helfen. Auch hier wieder, ja, es gibt auch heute noch die "Guten", nur ist das halt wie mit Bewertungen, das negative bleibt immer mehr hängen als das positive. Wenn ich drei schlechte Erfahrungen gelesen habe, lese ich nunmal nicht solange weiter bis ich dann eine gute finde.
Vielleicht sollte das Elektrohandwerk wieder zu seinen Wurzeln zurückkehren. Berufe auch so nennen aufgrund was sie wirklich sind. Mal ganz ehrlich, warum muss ein Elektroinstallateur ein "Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik" sein? Weil nun statt Aus-Wechselschalter LED-Dimmer, und statt Glühlampen LED-Leuchtmittel verbaut werden. Steht hierfür das "Elektroniker"? Oder ist es wiedermal der klägliche Versuch irgendwas zu internationalisieren?
Was soll der ganze Unsinn mit "...der muss alles können...". Das ist wie im HLSK-Bereich, warum muss ein Heizungsbauer Kloschüsseln montieren können, oder Spenglerarbeiten ausführen können. Es muss kein Elektrohandwerksbetrieb alle Sparten der Möglichkeiten abdecken, wenn er nur 4-5 Mitarbeiter hat. Das sowas auch oft genug in diese Hose geht kann man in Foren oft genug lesen. Da wo Fachbetriebe meinten mit ihrer Qualifikation was errichten zu müssen, wofür sie erfahrungsmässig bei weitem nicht in der Lage waren. Da wo der Meister zwei Tage auf Schulung geht, mit Schnittchen und Co., um nach einer 10min-Einweisung seine Mitarbeiter, diese das "Wissen" dann in der Praxis ausleben dürfen, weil der Betrieb ist ja nun qualifiziert dazu.
Übrigens, an alle die meinen man müsste es doch endlich mal durchdrücken das alles bei allen VNB's gleich sein muss, sprich zb. eine bundeseinheitliche Zählerstelle. Der möge sich mal fragen wofür man dann noch deutsche Elektrohandwerksbetriebe benötigt, wenn EU-Handwerker dies ebenso erledigen dürfen und das für wesendlich weniger Geld. Wegen der besseren Qualität?
Es tut mir unendlich Leid wenn ich sehe was so in meiner Bubble um mich herum an richtig guten Handwerksbetrieben in den letzten 10-20 Jahren dicht gemacht haben. Immer gab es einen von zwei Gründen. Einmal das der Junior den Laden übernahm um meinte die Welt neu erfinden zu müssen, worauf erst das Personal und dann die Auttragslage wegbrach. Was ich da mitbekommen habe von wegen GPS-Tracking von Fahrzeugen und Werkzeugkisten (ja, das meine ich wirklich ernst!)...kommentarlos.
Der zweite Grund, und der häufigste, kein Ersatz mehr für ausscheidende Altgesellen und somit auch keine Möglichkeit mehr personell aufzustocken. Was über kurz und lang mit der Aufgabe endete, weil der Chef dann nur noch alleine war.
So, Text eh schon viel zu lange und Kompliment wer bis hierher geblieben ist
Kurze Zusammenfassung
Die Betriebe/Fachverbände/-vereine sollten endlich wiedermal dafür sorgen, das man die Berufe so bewirbt wie sie auch sind und diese Idealisierung einfach wieder in die Schublade stecken.Vorallem aber Rahmenbedingen schaffen, die von beiden Seiten akzeptierbar sind.
Die Gesellschaft, also mitunter auch die Eltern sollten das Handwerk wieder zu schätzen lernen. Was da draussen auch an "Kunden" so rumläuft, da braucht man sich nicht zu wundern warum deren Kinder niemals ins Handwerk gehen würden.
Die Schulen sollten das tun wofür sie da sind, Wissen vermitteln und die heranwachsende Generation sozialisieren (im eigendlichen Sinn, nicht im politischen!).
Dann wird das auch wieder was mit dem klassischen Handwerk...so in 20-25 Jahren. Inzwischen sollte man sich auf ähnliche Umstände wie im Post bzw. Paketsektor einstellen, denn das wird erstmal in der breiten Masse die Realität werden, insbesondere wenn alles schön standardisiert wird.
So, nun aber Schluss